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Das Wiener Rathaus: noch mehr Skandale, noch mehr Medienmacht

Wäre nicht die Wien-Berichterstattung fast aller Medien im Raum Wien um teures Steuergeld gekauft, dann wäre jetzt zweifellos politischer Brand am Rathausdach. So viele Skandale gehen nämlich in Wien rundum hoch. Aber statt dessen ist die Wiener Rathaus-Mafia ungefährdet; und sie kann ihre mediale Macht demnächst sogar noch weiter in eine wichtige Schlüsselstellung hinein ausdehnen.

Den aktuellsten Skandal hat – immerhin – das Kontrollamt aufgedeckt: Rund um das sanierungsbedürftige Stadthallenbad herrscht totales Chaos und ein Fiasko, das den Steuerzahler noch teuer kommen wird. Oder in der behutsamen Sprache des ja nicht ganz parteifernen Kontrollamts: Die Sanierung habe „keinen wünschenswerten Verlauf“ genommen. Schuld daran sind, so wird prompt verbreitet, natürlich nur längst abgegangene Funktionsträger. Die sind also offenbar auch daran schuld, dass bis heute an der Baustelle das totale Nichts herrscht, dass niemand weiß, wie und wann es beim einzigen Hallenbad für Schwimmsportler in Wien weitergeht, und ob es vielleicht in diesem Jahrtausend noch eine Wiedereröffnung erleben wird.

Einen anderen Skandal hat „Die Presse“ aufgedeckt: Sie hat nachgeschaut, wie sich die behaupteten Kosten des Wiener Hauptbahnhofes im Laufe der letzten Jahre entwickelt hätten. Dabei zeigte sich, dass sich diese mehr als verdoppelt haben. Für den Steuerzahler ist es zwar letztlich egal, welcher Anteil der Unfähigkeit dem Rathaus und welcher den ÖBB zukommt. Eine Kostenverdopplung sollte aber jedenfalls auch bei politischen Auftraggebern ein Fall für den Staatsanwalt sein. Alleine das von der Zeitung berichtete „Vergessen“ der Umsatzsteuer wäre wohl mehr als bloße Fahrlässigkeit.

Dieser Skandal gleicht fast aufs Haar jenem um den ständig teurer gewordenen Skylink des Wiener Flughafens, der ja in den letzten Jahren mehrheitlich ebenfalls von Vertrauensleuten des Wiener Rathauses geleitet worden ist (Übrigens: Der Flughafen schaltet auch unter neuer Führung heftig Inserate. Dies nur für alle jene, die geglaubt haben, jetzt werde endlich alles gut.).

Zugleich dekretiert das Rathaus nun eine weitere Ausdehnung der Pickerl-Zonen. Dies erfolgt neuerlich ohne eine Volksbefragung, die von einer mehr als ausreichenden Anzahl von Stadtbürgern beantragt worden ist. Dies erfolgt auch neuerlich, ohne die von der Verfassung her eigentlich eindeutig klare Gesamtverantwortung für ganz Wien wahrzunehmen. Während der Bürgermeister offenbar meist nur noch beim Wein sitzt, zerfällt die Stadt immer mehr in 23 Atome, die nichts mehr miteinander zu tun haben wollen (dementsprechend glauben jetzt auch die zwei schwarzen Bezirksvorsteherinnen des 1. und 8. Bezirks, gleich die Hälfte aller Parkplätze für ihre Wähler reservieren zu können, obwohl dadurch der Handel in jenen Bezirken ganz von motorisierten Einkaufsbesuchern abgeschnitten wäre, nachdem ja da wie dort nicht ausreichend für Garagen gesorgt worden ist).

Und das alles nur Monate nach der größten Gebühren-Erhöhungswelle der Nachkriegszeit.

All das wäre zweifellos genug Anlass, dass die roten Rathausmänner in ärgste politische Bedrängnis geraten. Aber weit gefehlt: Statt dessen sind sie medial weiter in der Offensive. Sie bringen jetzt auch noch die allerletzte Nische, in der im ORF noch halbwegs unabhängige Berichterstattung stattgefunden hat, unter ihre Kontrolle: die Innenpolitik im Radio. Deren Leitung  wird nun einem braven Erfüllungsgehilfen aus dem Radio Wien überantwortet, in dem es ja noch nie einen rathauskritischen Akzent gegeben hat. Nach dieser Postenbesetzung braucht dann endgültig niemand mehr so wie Bayern im Sender anzurufen und im Sinne der Machtträger zu intervenieren. Da geschieht dann alles ganz von selbst.

In dieser Stadt sollte sich jedenfalls niemand mehr über ukrainische, rumänische oder ungarische Verhältnisse aufregen. Denn dort sind die Medien lange nicht so gleichgeschaltet wie jene in Wien. Dort werden Skandale nicht reihenweise totgeschwiegen.

PS.: Die Objektivität der diversen Medien kann man derzeit übrigens auch daran messen, ob und wie sie vom nächsten Rechtssieg einiger FPÖ-Politiker über jenen Linksaußen-Rechtsanwalt berichten, der schon in Sachen der Stiftung einer alten Dame mit seinen Vorwürfen gegen Martin Graf völlig eingegangen ist. Der Anwalt hatte vor zweieinhalb Jahren eine Verhetzungs-Anzeige gegen die Freiheitlichen eingebracht, die nun eingestellt worden ist. Über diese Anzeige ist ja damals flächendeckend groß berichtet worden. Berichten die Medien nun freiwillig ausreichend darüber? Oder erst unter rechtlichem Zwang in Form einer „nachträglichen Mitteilung“? Eine ganz andere Frage ist allerdings, warum solche Dinge bei der Staatsanwaltschaft immer so lange dauern. Es ist ja vermutlich auch für Politiker nicht lustig, jahrelang wegen dubioser Anzeigen im Zwielicht zu stehen.

 

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