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SN-Kontroverse: Regierung oder Parlament?

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

 

Sollen Regierungen ohne die nationalen Parlamente Europapolitik machen können?

 

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Europäische Demokratie wagen

 

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Die EU steckt in einer Krisen und bis dato sind alle Versuche fehlgeschlagen, sie in den Griff zu bekommen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Entscheidungsfindung in der EU kompliziert ist. Naturgemäß sind die Interessen von 27 Ländern überaus verschieden. Durch die komplexe Lage ist es daher fast unmöglich rasch und effizient auf Krisen zu reagieren. Nun hat der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der selbst lange Mitglied der EU-Kommission war, vor einem Zerfall der EU gewarnt, falls der Euro scheitert und den Regierungen empfohlen, sie sollten sich die Handlungsfreiheit gegenüber den nationalen Parlamenten bewahren. Ein Aufschrei war die Folge und Monti musste wenige Stunden nach Veröffentlichung seiner Äußerung einen Rückzieher machen. Wobei Monti in seiner Analyse durchaus Recht zu geben ist. Er warnte vor einer schleichenden Entsolidarisierung und vor allem einem Wiederauferstehen des Nationalismus. Der wurde nie wirklich überwunden und ist wieder stark spürbar In Form der Ressentiments, die im Zuge der Finanzkrise zwischen den Nord- und Südländern aufgelebt sind. Eine Entmachtung der nationalen Parlamente als Rezept gegen die Krise, wie sie Monti vorschlägt, ist allerdings bei weitem zu kurz gedacht. In Wahrheit ist es die Geheimpolitik der Staats- und Regierungschefs, die sich wie Kurfürsten aufführen, die das Projekt Europa gefährden. Der EU-Rat müsste durch einen weiteren Ausbau der Rechte des Europäischen Parlaments besser kontrolliert und seine Entscheidungen demokratisch lückenlos legitimiert werden. Die nationalen Parlamente sind dazu nur bedingt in der Lage. Darüber hinaus müsste es zur Direktwahl des Präsidenten der EU-Kommission kommen. Europa steht am Scheideweg. Es hat die Wahl zwischen einer Renationalisierung oder begibt sich auf den Weg zur politischen Union. Diese wird jedoch ohne starke demokratische Instrumente auf europäischer Ebene nicht möglich sein.


Weg mit Gesetzen, Richtern, Wählern

 

Andreas Unterberger

Natürlich machen Parlamente viel Unsinn. Meist tun sie das freilich unter Mitwirkung von Regierungen. Sollten aber Regierungen künftig ohne diese Parlamente Politik machen können, bedeutet das ein Ende von Rechtsstaat und Demokratie. Denn nur über die Parlamente können die Wähler mitsprechen. Denn nur die Parlamente können Gesetze machen.

Sollten Regierungen die Parlamente in der Europapolitik künftig ignorieren dürfen, werden sie es im Handumdrehen überall machen. Alles ist ja schon irgendwie europäisch. Die Entmachtung der Parlamente heißt in Wahrheit: Die Machthaber können wieder, wie einst in Diktaturen und im Feudalismus, ohne Rücksicht auf Bürger und Gerichte agieren. Sie brauchen sich nicht mehr an die Gesetze zu halten, knebeln aber das Volk zugleich immer mehr durch immer mehr Vorschriften. Dieser Vorschlag von Mario Monti und Hannes Swoboda führt nichts anderes als das System Putin ein.

Bemerkenswert, dass solche Ideen vor allem auf der Linken Sympathien finden. Aber im Grunde ist das logisch: Denn jetzt ist das Ende der Schuldenpolitik erreicht, mit der jahrzehntelang das linke Traumgebilde des Wohlfahrtsstaats ermöglicht worden ist, mit der immer neue Ausgaben zur Wählerbestechung finanziert worden sind.

Das Platzen der Blase empört nun die Wähler. Sie erkennen, dass diese Schuldenpolitik, dass das Drucken von Billionen ungedeckter Euros zur Finanzierung der unheilbaren Misswirtschaft Griechenlands oder Süditaliens ihre persönlichen Ersparnisse vernichtet, ob nun durch Inflation oder durch Substanzsteuern. Zugleich wagen (zumindest in Deutschland) die Höchstrichter auf Gesetze und Verträge zu pochen. Da sich die Exponenten der Schuldenpolitik das Scheitern des eigenen politischen Lebenswerks nicht eingestehen wollen, möchten sie  lieber die Wähler entmündigen. Und zugleich Richter und Gesetze.

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