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Normalfall Staatsbankrott

Nichts ist normaler als das Bankrott-Gehen eines Staates. Lediglich in Europa tun heute manche so, als ob das ein Weltuntergang samt Rückkehr der Weimarer Republik und Adolf Hitlers wäre. Die einen tun so aus Eigeninteresse, weil sie weiter schmerzfrei vom Geld anderer leben wollen. Die anderen verwechseln aus historischer Ahnungslosigkeit die rund um den Euro entfachte Propaganda-Versprechungen ewiger Stabilität mit den Fakten. In Wahrheit hat die Welt nämlich in den letzten zwei Jahrhunderten weit mehr als 300 Staatsbankrotte hinnehmen müssen.

Der letzte Bankrott, der wirklich globale Wellen auslöste, passierte vor genau zehn Jahren in Argentinien. Auch Tausende Österreicher verloren damals viel Geld, das sie in die – theoretisch – hoch verzinsten argentinischen Staatspapiere gesteckt hatten. Für die Argentinier selber war der Beginn des Jahrtausends noch viel dramatischer: Nach dem Zusammenbruch der Staatsfinanzen wurden Supermärkte und Geschäfte geplündert; mehr als die Hälfte der Bevölkerung stürzte in fundamentale Armut; jeder vierte Job ging verloren.

Vom reichsten Land der Welt ins Armenhaus

Der Bankrott des Landes war umso erstaunlicher, als Argentinien nach dem letzten Weltkrieg in etlichen Vergleichsstudien als reichstes Land der Welt eingestuft worden war. Andererseits hatte das Land in den noch nicht ganz zwei Jahrhunderten seiner Unabhängigkeit nicht weniger als sieben Mal schon Bankrott anmelden müssen. Und der nationale Hang zu leichtfertigen Versprechungen, also zum Populismus, wurde insbesondere in der Peron-Ära wieder offenkundig.

Was war geschehen? Nun, die Parallelen zu aktuellen Krisen sind keineswegs zufällig. Buenos Aires hatte in den Jahren vor dem letzten Kollaps 2001/02 die nationale Währung, den argentinischen Peso, in einem fixen Verhältnis an den Dollar geknüpft. Das schien Politik und Bürgern eine Zeitlang sehr vorteilhaft, weil das Geld endlich seinen Wert behielt.

Gleichzeitig hatten sich aber alle staatlichen Kassen wie ein Stabsoffizier verschuldet, sodass das Land am Ende mit fast 170 Milliarden Euros belastet war. In den letzten Wochen vor dem Zusammenbruch wechselten einander dann 2001/02 im Staccato gleich vier Staatspräsidenten mit verzweifelten, aber scheiternden Versuchen einer Sanierung im letzten Augenblick ab. Eine besonders üble Rolle spielten dabei Provinzen und Verfassungsgerichte. Beide weigerten sich zu sparen. Bis zuletzt wurden Spardekrete von den Höchstrichtern als Eingriff in wohlerworbene Rechte von Vorteilsnehmern abgeschmettert. Zugleich stürmten die Menschen, solange man für Pesos noch Dollar bekam, die Banken – sowie die Fähren und Busse zum Nachbarn Uruguay, wo sie ihr Geld in Sicherheit zu bringen versuchten. Der nächste Schritt war daraufhin geradezu zwingend: Alle noch verbliebenen Bankguthaben wurden eingefroren; und die Menschen konnten nur noch geringfügige Beträge wöchentlich abheben.

Mindestens ebenso interessant und lehrreich ist aber auch der Weg der überraschend schnellen Erholung: Die Bindung an den Dollar wurde aufgegeben; der Peso wurde dramatisch abgewertet; damit gab es kaum noch Konsum von Importprodukten; und das Land konzentrierte sich wieder auf den Ausbau seiner Wettbewerbsfähigkeit: Die Exporte boomten, vom traditionellen Fleisch bis hin zur neu aufgebauten Autoindustrie. Dadurch konnte Argentinien bis 2005 schon wieder seine gesamten Schulden an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen (die privaten ausländischen Gläubiger blieben hingegen unbefriedigt).

Und heute? Da beginnt sich das Land schon wieder wie in den 80er Jahren übermütig und nationalistisch mit Großbritannien wegen der Falkland-Inseln anzulegen.

Die Vergesslichkeit der Menschen

Die dramatischen Parallelen der argentinischen Entwicklung bis zum Jahr 2002 mit jener des heutigen Griechenland brauchen wohl nicht mehr in jedem einzelnen Punkt gesondert aufgezeigt  zu werden. Das was für die Argentinier die Bindung an den Dollar war, ist für die Griechen die Bindung an die D-Mark, auch Euro genannt. Beides ist für traditionell undisziplinierte Länder nicht zu stemmen gewesen. Übrigens haben auch die Griechen – die so wie die Argentinier am Beginn des 19. Jahrhunderts unabhängig geworden sind – eine sehr innige Langzeit-Liaison mit der Institution Bankrott: Der griechische Staat ist seit 1829 nicht weniger als fünf Mal bankrott gegangen.

Offenbar braucht der Homo sapiens regelmäßige schmerzhafte Lehrstunden, weil er die Lektionen der Wirtschaftsgeschichte allzu rasch vergisst. Denn anders als durch Vergesslichkeit kann man es nicht erklären, dass vernünftige Menschen Argentinien oder Griechenland jemals Geld geborgt haben. Wie es auch bei anderen Staaten schwer verständlich erscheint, dass sie ihre Anleihen meist sehr leicht an die Geldgeber verkaufen können.

Das hat freilich außer der Lernunfähigkeit der Menschen noch einen weiteren Grund: Die Staaten zwingen durch eine Vielzahl von Regulierungen Banken und Versicherungen, einen guten Teil ihrer Gelder bei staatlichen Institutionen anzulegen (Weshalb weise Ökonomen auch heftig vor den Folgen der gegenwärtigen Modewelle warnen, Versicherungen und Banken immer noch mehr zu regulieren).

Zuerst der Krieg, dann der Bankrott

Blickt man in die Geschichte der Staatsbankrotte, dann gibt es neben dem Ursachen-Komplex „Schuldenmacherei populistischer Regierungen sowie Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit“ noch einen zweiten häufig vorkommenden Typus: verlorene Kriege.

Einige Beispiele besonders markanter Staatsbankrotte:

  • Deutschland musste nach beiden Kriegen (1923 und 1948) unter der Last der Kriegskosten, Kriegsschäden sowie Reparationen den Bankrott erklären.
  • England hat 1345 die Bedienung seiner im hundertjährigen Krieg mit Frankreich angelaufenen Schulden bei den – vor allem – Florentiner Banken eingestellt.
  • Österreich musste 1811 unter der Last der an Napoleon zu leistenden Reparationen und seiner schon vorher angelaufenen Schulden die Zahlungsunfähigkeit erklären.
  • Auch Dänemark musste als Folge der napoleonischen Kriege – und Verzehnfachung des Geldumlaufs! – kurz danach den Bankrott erklären.
  • Das Ottomanische Reich (Türkei) musste 1876 als Folge vieler Kriege auf dem Balkan und gegen Russland die finanziellen Segel streichen.
  • Das kommunistisch gewordene Russland lehnte 1918 die Zahlung jeder Schuld des Zarenreichs ab.
  • Der spanische König Philipp II. (der von Schiller zugunsten des in Wahrheit debilen Don Carlos so böse hinuntergeschrieben worden ist) musste wegen seiner vielen Kriege gegen Ottomanen, Franzosen, Engländer, Niederländer sowie seiner kolonialen Expansion gleich dreimal den Bankrott ausrufen (bevor Spanien dann durch die Ausbeutung der Kolonien für eine Zeitlang stabilisiert wurde).

Das waren nur die historisch spektakulärsten Staatsbankrotte. Diese Liste wird mit großer Sicherheit im zweiten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends durch interessante Exempel verlängert werden. Und auch nach diesen noch ausstehenden Beispielen wird sich wohl die Geschichte wiederholen: Dann werden Politik und Bevölkerung wieder einmal Dinge hinnehmen müssen, die ihnen vorher selbst in abgeschwächter Form völlig unzumutbar erschienen waren.

Denn natürlich bedeuten Staatsbankrotte für viele Menschen, Institutionen und „soziale Errungenschaften“ eine Katastrophe. Deswegen wurde ja immer versucht sie hinauszuschieben. Aber das hat in keinem der Exempel funktioniert – und die Folgen der Katastrophe immer nur noch mehr verschlimmert.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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