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Die Partei der Macht fürchtet das Volk

Die Partei der Macht hat eine erfolgreiche Gegenoffensive gestartet. Sie nutzt die ruhigen Sommerwochen, um zu verhindern, dass die Bürger eines Tages ein echtes politisches Entscheidungsrecht bekommen. Sie übernimmt damit einen internationalen Trend: Von Russland über die Ukraine bis Rumänien wird die Demokratie derzeit ja in vielen Ländern zurückgedrängt. Es bleibt dort oft nur noch der Name.

Daher sollte man auch in Österreich nicht allzu große Hoffnungen hegen, dass die Vorstöße, hierzulande eine viel wirksamere, nämlich eine direkte Demokratie zu verankern, jemals ans Ziel gelangen werden. Der zentrale Kern dessen, was diesbezüglich von Schwarz und Blau initiiert worden ist, wäre die obligatorische Entscheidung durch eine Volksabstimmung, wenn ein von einer großen Gruppe Bürger getragener Gesetzesentwurf im Parlament abgelehnt wird.

Die Partei der wirklichen Macht in diesem Land kämpft nun mit allen Mitteln gegen eine solche Ausweitung der Bürgerrechte. Ihr gehören quer über die Parteigrenzen die wirklichen Drahtzieher in diesem Land an: Das sind vor allem die Sozialpartner. Diese haben schon sehr oft die gewählten Volksrepräsentanten gezwungen, die Interessen von Gewerkschaft, Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer weit über jene der Bürger und der stabilen Staatsfinanzen zu stellen.

Diese Sozialpartner sind daher natürlich sehr daran interessiert, dass es zu keiner Teilentmachtung des Parlaments kommt. Denn: Sie können zwar die Parlamentarier unter Druck setzen (von denen ohnedies ein guter Teil aus Gewerkschaft oder Kammern kommt), aber nicht die Wähler.

Man muss sich nur die Formulierungen des Wirtschaftskammer-Chefs Christoph Leitl auf der Zunge zergehen lassen: Er warnt vor einer „politischen Beschädigung des Parlaments und aller am Gesetzeswerdungsprozess beteiligten Institutionen“. Als ob das Parlament der Schweiz – also des Mutterlands der direkten Demokratie – ein „beschädigtes“ wäre. Mit diesen geheimnisvollen „Institutionen“ meint Leitl natürlich niemand anderen als sich selbst und die Gewerkschaften – oder genauer die jeden Verfassungsrahmen sprengende Macht dieser „Sozialpartnerschaft". Daher sollte man auch Leitls Kampfruf durchaus ernst nehmen: „Hier liegt also noch jede Menge Arbeit vor uns, dies zu korrigieren.“

Während es aber in der ÖVP – zu der Leitl rein theoretisch noch immer gehört – ganz klare Beschlüsse für die direkte Demokratie gibt, ist die Situation in der SPÖ viel übler: Dort scheint ausgerechnet Parteichef  Faymann der einzige zu sein, der irgendwie dafür ist. Er spürt offenbar, wie gefährlich es am Wahltag werden kann, sich so direkt gegen die Direkte Demokratie gewendet zu haben. Der Rest seiner Partei hingegen will von dieser nichts wissen; dort steht man ganz unter dem Druck der Gewerkschaften und will höchstens ein paar zusätzliche Salzämter bauen, in denen die Initiativen der Bürger dann planmäßig verdursten sollen.

Der sogenannte Verfassungssprecher der Sozialdemokraten vergreift sich dann endgültig im Ton, wenn er von einer drohenden „Ausschaltung des Parlaments“ spricht. Denn er spielt mit diesem Ausdruck auf das Ende der Demokratie im Jahr 1933 an. Aber damals waren ganz sicher nicht die direkt demokratisch aktiven Bürger, sondern Regierung und Parlament (insbesondere das Nationalratspräsidium) die Täter. Noch nie ist bei einer korrekten Volksabstimmung das Ende der Demokratie beschlossen worden. Hingegen haben sowohl die Nationalsozialisten in Deutschland wie auch die Kommunisten in der Tschechoslowakei auf dem Weg über die jeweiligen Parlamente totalitär die Macht ergriffen.

Auch die Argumentation des Gewerkschaftsbosses Foglar ist mehr als pikant: „Dieses Konstrukt würde bedeuten, dass man, wenn man nur genug Geld für Inserate hat, ein Gesetz kaufen kann.“ Das sagt ausgerechnet ein Exponent jener Sozialdemokratie, die sich mit Inseraten schon ganze Medien und deren Unterstützung am Wahltag gekauft hat! Der große Unterschied: Andere Inserenten, die für ein bestimmtes Anliegen inserieren, geben ihr eigenes Geld aus. Die SPÖ gibt hingegen ungeniert das Geld des Steuer- und Gebührenzahlers für ihre eigenen Machterhaltungszwecke aus. Und hält das auch noch für demokratisch.

Sollte Herr Foglar seine Sorge wirklich ernst meinen, so müsste man ihn an das Androsch-„Bildungsvolksbegehren“ erinnern: Noch nie ist für ein Volksbegehren so viel Geld (etwa der Industriellenvereinigung, aber auch von Arbeiterkammer & Co) ausgegeben worden. Und dennoch wurde das Begehren ein Riesen-Flop.

Auch die Achse Kronenzeitung-ORF kann die Bürger nicht so manipulieren, wie das behauptet wird. Man denke nur, wie sehr beide im Jahr 2000 gegen die Bildung der schwarz-blauen Regierung angekämpft haben, die aber dennoch von einer großen Bevölkerungsmehrheit unterstützt worden ist (worauf dann die schlaue Krone ihren Kurs um 180 Grad änderte, die Volksfront-Redaktion im ORF natürlich nicht).

Apropos ORF: Der ist schon wieder munter gegen die Demokratie unterwegs. Dort sorgte sich etwa Oberpolitruk Armin Wolf dieser Tage in einem Interview mit (dem übrigens wieder eindrucksvoll klug antwortenden) Jungstaatssekretär Kurz davor, dass die Bürger absurde Dinge verlangen könnten. Dass die Abgeordneten hingegen jedes Jahr Dutzende absurde, populistische und für die Stabilität der Staatsfinanzen schädliche Gesetze beschließen, stört den Mann jedoch nicht.

Zur Partei der Macht gehört natürlich auch ein Heinz Fischer, der selbst Zeit seiner Lebens in seinem Herzensgrund ein Betriebsrat des Nationalrats gewesen ist. Der auch immer dadurch geprägt war, dass er am liebsten jede Änderung, jede Reform eines versteinerten Systems ein für allemal verboten hätte.

Wenn man die Exponenten der Partei der Macht so zusammenzählt, dann kommt man zu einem erstaunlichen Schluss: Es sind genau jene Strukturen, die schon im Jahr 2000 eine demokratisch zustandegekommene Regierung verhindern wollten. Diesmal dürften sie freilich, so ist zu befürchten, mehr Erfolg haben. Denn jede echte Direkte Demokratie kann nur mit Zweidrittelmehrheit eingeführt werden.

 Eine andere Frage ist freilich damit noch nicht beantwortet: Wie wird die SPÖ vor der nächsten Wahl ihr Nein zu allen direktdemokratischen Positionen erklären? Oder wird sie dann dafür sorgen, dass auch das Parlament nur noch „repräsentativ" gewählt wird (dass also etwa nur eigenhändig ausgesuchte Wähler entscheiden dürfen)? Könnten doch die Bürger etwas ganz Absurdes wählen.

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