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Wachsen und Schrumpfen

Menschen können ihren eigenen Wohlstand auf zwei Weisen vermehren (wenn man einmal von kriminellen Methoden und von Glücksfaktoren wie Erbschaften oder Lottogewinnen absieht): entweder durch erfolgreiche Arbeit und ertragsreiche Investitionen, oder indem sie heftig Schulden machen. Jeder kennt Beispiele für beide Methoden. Die zweite wird etwa durch Menschen verkörpert, deren Villa, deren Luxusautos, deren Drittfreundin eigentlich zur Gänze der Bank gehören, was sie aber nicht hindert, sich an diesen schönen Dingen zu erfreuen.

Diese zweite Methode der Wohlstandsvermehrung hat nur eine unangenehme Eigenschaft: Sie endet mit ziemlicher Sicherheit in einer steilen Abwärtskurve . An deren Ende versteigert dann die Bank Haus und Autos; und die Freundinnen haben plötzlich überhaupt keine Zeit mehr, wenn Schecks und Geschenke ausbleiben. Ein solcher Abstieg ist keine angenehme Erfahrung – weshalb Menschen zu seiner Abwehr beginnen, ins Casino zu gehen oder kriminelle Methoden anwenden. Was aber in aller Regel den Abstieg nur noch arg beschleunigt.

Haargenau dasselbe passiert auch Staaten. Viele, ja fast alle west- und südeuropäischen Staaten haben in den letzten 40 bis 50 Jahren ihr Konsumniveau nicht nur durch Arbeit und Wohlstand, sondern auch durch eine rasch steigende Verschuldung erhöht. Manche Länder haben nur den Weg über Schuldenakkumulation gewählt.

Wählerbestechung auf Pump

Staaten handeln durch Politiker. Diese haben in Demokratien ein logisches Hauptziel: wiedergewählt zu werden. Und das gelingt offensichtlich dann am besten, wenn man den Menschen beispielsweise Pensionen in einer so großen Höhe und ab einem so frühen Zeitpunkt zahlt, dass das nur noch mit massiven alljährlichen Schuldenaufnahmen finanziert werden kann. Das verschweigt man aber den Menschen. Diese halten ihre Pensionen und zahllose sonstige Sozialleistungen in der Tat oft für selbstverdient oder gar für eine Leistung der Politiker. Diese greifen daher von Jahr zu Jahr heftiger zur Methode der Wählerbestechung durch hohe Sozialausgaben. Nichts anderes sind ja Pensionen, für die nicht ausreichend Beiträge einbezahlt worden sind. Und noch ein paar Hundert weiterer Ausgabenposten.

Manche Philosophen und ökonomischen Denker prophezeien aus diesem Grund sogar ein Ende der Demokratie. Das hält die Mehrheit der Politiker aber nicht ab, nach dieser in ihrer kurzfristigen Sicht erfolgreichen Methode weiterzuarbeiten.

Sie tun das selbst dann, wenn der Exekutor schon vor der Tür steht. In diesem Moment versucht man verzweifelt, den Exekutor dazu zu bewegen, doch noch ein paar Tage Zeit zu lassen. Man versucht zugleich hektisch, noch einen neuen Geldgeber zu finden. Man versucht, noch rasch ein Grundstück zu verkaufen. Und man schimpft jedenfalls heftig auf die Bank, die am eigenen Unheil schuld sei.

Staaten gleichen den privaten Pleitiers

Was bankrotte Verschwender tun, tun auf europäischer Ebene die Staaten: Sie erwecken den Eindruck, dass die Banken die Hauptschuldigen an der Krise wären. Sie unterstreichen diesen Eindruck durch ständig neue Versuche, die Banken noch mehr zu regulieren. Was natürlich in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, dass tatsächlich die Banken die Hauptschuldigen wären. Sonst müsste man ja nicht ständig über deren angeblich unzureichende Regulierung reden.

Natürlich haben auch die Banken durch eigene Fehler zum Entstehen dieses Eindrucks beigetragen: durch Veranlagungsfehler oder durch die Präpotenz des Auftretens ihrer Spitzenmänner (siehe etwa Helmut Elsner). Das ändert aber nichts daran, dass nicht die Banken die Staaten zur Verschuldung gezwungen haben. Im Gegenteil: Bei allem Gerede von einer strengeren Regulierung achten derzeit die europäischen Regierungen und Nationalbanken sehr darauf, dass sie den Geldinstituten nicht wirklich das verbieten, was in Wahrheit das größte Risiko darstellt: die weitere Finanzierung von Staaten. Daher ist all das Regulierungsgerede Mumpitz für die Galerie.

Auch beim Stichwort Grundstücks-Verkauf gleicht das Verhalten von Staaten jenem eines privaten Pleitiers. Nur haben die Staaten damit noch weniger Erfolge als diese Pleitiers. Kaum jemand ist etwa derzeit gewillt, Griechenland etwas abzukaufen. Und wenn halb Spanien gleichzeitig seine auf Schulden gebauten Häuser und Urlaubsimmobilien verkaufen will beziehungsweise muss, dann finden sich logischerweise viel zu wenig Käufer dafür, was wiederum die Preise ständig weiter drückt. Wer in Hinblick auf Spanien einwenden sollte, dass an der Immobilienkrise doch eher die Einzelmenschen und nicht der Staat schuld wären, der übersieht, dass der spanische Immobilienboom vom Staat zum Zwecke der Ankurbelung (in Wahrheit: Überhitzung) der Konjunktur heftig gefördert worden ist. Statt angesichts des ungesunden Wachsens der Immobilienblase viel früher zu bremsen, hat sich Madrid über deren Aufblähen gefreut. Weil es die Wähler glücklich gemacht hat.

Auch die verzweifelte Suche der Staaten nach neuen Geldgebern gleicht dem Verhalten individueller Schuldner. Im Vorjahr sind die europäischen Machthaber fast alle nach China gepilgert, wo ja das meiste Geld gebunkert ist – und haben sich dort blutige Nasen geholt. Die Chinesen sind zwar an europäischen Unternehmen interessiert, aber nicht an Staatspapieren. Die haben sie den Regierungen nicht abgekauft.

Erfolgreicher waren die Schuldner eine Zeitlang mit ihren Bettelversuchen in Deutschland und bei der Europäischen Zentralbank. Aber beide scheinen inzwischen klüger geworden zu sein. Beide erkennen zunehmend, dass sie mit weiteren Krediten nur gutes Geld dem schon verlorenen nachwerfen; dass sie dadurch nur die eigene Stabilität aufs Spiel gesetzt haben; und dass ein Teil der Schuldnerländer wie Griechenland keineswegs eine straffe Reform begonnen hat.

Die dreifach Lüge der Moralkeule

Nun greifen die Schuldenfreaks zur Moralkeule. Sie reden von einem „Zu Tode sparen“. Und sie stottern herum: „Sparen ja, aber nicht auf Kosten des Wachstums“. Womit sie gleich ein paar infame Lügen versuchen.

Die erste Lüge: Fast kein Land spart wirklich. Heißt doch sparen allemal weniger ausgeben, als man einnimmt.

Die zweite Lüge: Es wird der Eindruck erweckt, als ob Wachstum nur durch neue Schulden möglich wäre. Dabei sind Schulden mittel- und langfristig im Gegenteil der größte Wachstumskiller, den es gibt. Das gilt vor allem dann, wenn wie in Europa die Staaten das Geld primär für Sozial- und Konsumausgaben verwenden und nicht für langfristig ertragreiche Investitionen. Dabei wäre Wachstum ohne Schulden nicht nur möglich, sondern sogar das einzige richtige Antikrisenrezept: Wenn Staatsbetriebe (zu denen übrigens auch solche der Gemeinden gehören) privatisiert werden, trägt das bei geringeren Kosten fast immer zu mehr Effizienz und größerem Wachstum bei. Wenn Gesetzgeber und Bürokratie ihren Wust an Vorschriften und Regeln halbieren, würde die Wirtschaft ganz ohne Schulden wieder so wachsen wie zuletzt in den 50er Jahren.

Und die dritte infame Lüge: Sparen wird gleich mit dem „Tod“ assoziiert. Als ob in einem der süd- oder westeuropäischen Länder die Menschen reihenweise verhungert oder sonstwie umgekommen wären, als das BIP pro Kopf 30 Prozent niedriger gewesen ist. Ganz im Gegenteil: Oft (also wenn die schuldenfreien Wachstumsrezepte nicht genug greifen) ist ein Schrumpfen sogar die beste Therapie, um eine Krise zu überwinden.

Vorbildländer im Norden und Osten

Den Sanierungserfolg einer Schrumpfungsphase haben uns einige nordeuropäische Länder sensationell vorgezeigt: Anfangs der 90er Jahre mussten Finnland oder Schweden zum Teil satte zweistellige Rückgänge des BIPs hinnehmen. Das hat diesen Ländern dann aber umso mehr Dynamik für einen neuen Aufstieg verschafft. Ohne dass sie versucht hätten, dem Ausland, den Deutschen oder sonst wem die Schuld an der eigenen Lage zuzuschieben, wie es jetzt Franzosen und andere machen.

Ähnlich haben sich auch etliche – bei uns leider viel zu wenig beachtete – osteuropäische Länder ohne faule Kompromisse durch die Krise und rasch aus dieser wieder herausgebracht. Lettland etwa hat im Jahr 2009 ein Schrumpfen der Wirtschaft von 18 Prozent erlitten und ist dem Staatsbankrott nahe gewesen. Das Land hat aber nicht gejammert, sondern alle notwendigen schmerzhaften Maßnahmen gesetzt. Prompt erzielt Lettland schon wieder alljährlich vierprozentige Wachstumszahlen.

Die osteuropäischen Staaten haben sich auch sonst fast alle gut durch die Krise gebracht. Weil sie nach den harten kommunistischen Jahren nicht mit einem so verwöhnten Anspruchsniveau, wie es die West- und Südeuropäer heute haben, fertig werden müssen. Weil sie (fast alle) ohne Euro flexibler auf eine Krise reagieren können. Und weil sie begriffen haben: Wachsen wie Schrumpfen sind nicht nur in der Natur ganz normale Entwicklungen. Unerschwinglich teuer wird es nur, wenn man sie zu verhindern versucht.

Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.

 

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