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SN-Kontroverse: Französische Wahl

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Braucht Frankreich einen Linksruck?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Frankreich braucht den Wechsel

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Seine Bilanz ist miserabel. Nach fünf Jahren an der Macht hinterlässt Präsident Nicolas Sarkozy ein verunsichertes und geschwächtes Land. Schulden und Arbeitslosigkeit sind in Frankreich hoch. Die Wettbewerbsfähigkeit der fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt schwindet. 2007 sagte Sarkozy, er werde versagt haben, sollte die Arbeitslosenquote 2012 nicht auf fünf Prozent gesunken sein. Heute liegt sie bei fast zehn Prozent, so hoch wie seit zwölf Jahren nicht. Es gibt eine Million mehr Erwerbslose als bei Sarkozys Antritt.

Versuche, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren, blieben Stückwerk. Er höhlte die von den Sozialisten eingeführte 35-Stunden-Woche aus, da Überstunden von der Steuer abgesetzt werden können, was aber teuer für die Staatskasse ist. Im Außenhandel verzeichnet Frankreich ein Rekorddefizit. Das Land hat nur ein marginales Wachstum und die höchste Staatsquote in Europa. Ein Drittel der gesamten Staatsverschuldung von 1,7 Billionen Euro geht auf das Konto von Sarkozys Regierung. Verschaukelt fühlen sich viele Franzosen von seinem Versprechen zur Hebung der Kaufkraft. Sarkozy ist ein Meister der Ankündigungspolitik; bei der Verwirklichung seiner Vorhaben geht ihm oft die Luft aus. Gründlich fehlgeschlagen ist die moralische Erneuerung des Landes. Vor fünf Jahren zog Sarkozy mit dem Slogan "rupture" durch die Lande und wollte gegen die reformunwilligen und faulen Machteliten kämpfen.

Die "untadelige Republik" blieb jedoch eine Fata Morgana. Es kam zu vielen Affären. Der Präsident, der sich gern als Mann des Volkes präsentierte, spielte die Spiele der Pariser Machtkaste und versuchte, seinem Sohn einen Chefposten zu verschaffen. Für Befremden sorgen sein Faible für Prominente, Yachten und teure Uhren, dazu sein aggressiver Ton gegenüber Kritikern und eigenen Ministern. Frankreich braucht den Wechsel. Der Konservative hat versagt.

 


Retro-Sozialismus bedroht Europa

Andreas Unterberger

Alle Umfragen prophezeien einen klaren Sieg von François Hollande. Präsident Sarkozy würde diese Niederlage auch voll verdienen. Wegen seiner privaten Eskapaden, wegen seines Zögerns bei den oft angekündigten Reformen zum Abbau des real existierenden französischen Sozialismus. Dennoch hat der "Economist", Europas führendes Magazin, mehr als recht, wenn er Hollande als "gefährlich" bezeichnet. Denn die von ihm ausgehenden Gefahren bedrohen ganz Europa.

Hollande zeigt null Bereitschaft, auch nur eine der für das Land dringend notwendigen Reformen anzugehen. Er will im Gegenteil die Uhren auf einen in der Welt einmaligen Retro-Sozialismus zurückdrehen. Er will das Pensionsalter wieder senken. Er will trotz schrumpfender Schülerzahlen 60.000 zusätzliche Lehrer als Beamte einstellen. Er will den Spitzensatz der Einkommensteuer auf 75 Prozent erhöhen. Er will die Europäische Zentralbank zwingen, "mehr fürs Wachstum" zu tun, also noch mehr Geld als die zuletzt gedruckte Billion zu drucken. Er will Firmen zwangsenteignen. Er will auch Nicht-EU-Ausländern das kommunale Wahlrecht geben. Er lehnt die Schuldenbremse ab. Er verlangt Eurobonds, auf Deutsch: die Haftung Deutschlands (und Österreichs) für Frankreichs Schulden. Und so weiter. Kein Wunder, dass Hollande uneingeschränkt von den ausgeschiedenen kommunistischen Kandidaten unterstützt wird. Das findet er auch total okay (während Rechts-Außen Marine Le Pen gegen beide Kandidaten des Finales ist).

Auch für die anderen Länder Europas wäre es eine Katastrophe, sollte Hollande nur einen Teil seines Programms realisieren. Denn durch die gemeinsamen Schuldenprogramme seit 2010 und nun endgültig durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM - der ja das Gegenteil seines Namens bedeutet -, sind die Euroländer untrennbar aneinandergekettet. Bis zum gemeinsamen Untergang.

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