Vom Tankstellensterben kaum eine Spur

Das Wehklagen der heimischen Tankstellenbetreiber wird immer lauter. Der Preiskampf nimmt immer brutalere Formen an. Die Spanne beim Treibstoffverkauf liegt zum Teil nur mehr bei drei Cent, notwendig wären zumindest sechs Cent. „Das ist schon grenzdebil“, meint ein Marktteilnehmer. Die Treibstoffnettopreise (also ohne Steuern und Abgaben) sind in Österreich so nieder wie kaum in einem anderen Land. Vor einigen Monaten waren die heimischen Preise in etwa gleichauf mit dem deutschen Nachbarn, inzwischen verlangen die Deutschen um fünf Cent mehr als die Österreicher. Politische Debatten, wie jüngst seitens des BZÖ, sind deshalb einfach nur mehr lächerlich.

Verschärft wird die Lage noch dadurch, dass in den ersten beiden Monaten 2012 der Treibstoffverkauf mengenmäßig in Österreich um rund acht Prozent zurückgegangen ist. Dabei dürften vor allem die großen Firmen Marktanteile verloren haben. Erschwerend könnte nach Meinung von Marktbeobachtern auch sein, dass einige Gruppen verstärkt auf die Automatenschiene setzen (OMV via Avanti, BP, Doppler mit Turmöl) und damit ihren Bedienungstankstellen Geschäft wegnehmen. Konsequenz – es wird vermehrt von einer Marktbereinigung gesprochen. Die dürfte vor allem im Bereich der Markentankstellen stattfinden. Esso hat sich bereits vom österreichischen Markt zurückgezogen, nun steigt auch MOL aus, wie lange sich noch ConocoPhilipps (Marke Jet) und vielleicht auch Shell in einem Markt bewegen wollen, wo nichts zu verdienen ist, bleibt abzuwarten.

Bei der absoluten Anzahl der heimischen Tankstellen wird zwar seit Jahren eine Marktbereinigung angekündigt – stattgefunden hat sie bisher aber kaum. Auch wenn der Fachverband Mineralölindustrie, der jedes Jahr die Tankstellenstatistik herausgibt, verkündet, dass sich die Zahl der Stationen um fast drei Prozent oder 81 Stationen auf nunmehr 2.575 im Vorjahr reduziert hat.

Wer sich die Zahlen genauer ansieht, muss feststellen, dass es sich größtenteils um statistische Korrekturen handelt. Bei den „sonstigen Tankstellen“ – eine Grauzone bei der Erhebung – gab es einen Rückgang von 39 Stationen, bei den Dieselabgabestellen von 5 Stationen. Allein die Firma Genol meldet nicht nur die eigenen Tankstellen (178, ein Plus von 17 Stationen), sondern auch die Dieselabgabestellen für die Landwirtschaft (296, bei denen wird nur Diesel abgegeben) und die landwirtschaftlichen Genossenschaften (55, laufen unter Raiffeisen Lagerhaus) an den Fachverband. Diese drei Gruppen zusammen verzeichnen ein Plus von 14 Stationen. Unter dem Strich gebe es nicht mehr Stationen, das seien nur statistische Verschiebungen.

Insgesamt scheint sich am Bestand der Tankstellen kaum etwas zahlenmäßig verändert zu haben, vom Tankstellensterben somit keine Spur. Wobei als interessante Randerscheinung noch zu vermerken ist, dass in der Spritpreisdatenbank (ist bei der E-Control angesiedelt) über 3000 Tankstellen Treibstoffpreise melden, das sind um einige mehr als in der offiziellen Statistik aufscheinen.

Unbestritten ist, dass die Markentankstellen (Majors) ihr Netz in Anbetracht der schlechten Preise weiter verdünnen. Die OMV hat um 45 Tankstellen (259) weniger, was allerdings täuscht, 18 davon laufen nun unter der Autmomatenschiene „Avanti“. Für den Rest konnten großteils Käufer gefunden werden, geschlossen wurde kaum eine Station. Bei BP gab es eine Reduktion um 22 Tankstellen auf nunmehr 397. ENI hat das Tankstellennetz von Esso übernommen und im Vorjahr erstmals die Strukturen kräftig durchforstet, was ein Minus von 36 Stationen bedeutet, weitere werden wohl heuer folgen. Bei Shell und Jet tat sich nichts, MOL hat um 6 Stationen reduziert, da kündigt sich bereits der komplette Ausstieg an.

Was die Majors nicht mehr haben wollen landet meist bei den kleineren Gruppen. So hat die A1 Gruppe, die erst im Jahr 2008 wieder eingestiegen ist, aktuell bereits, durch diverse Zukäufe, ein Netz von 96 Stationen aufgebaut. Interessant wird sein, wer das MOL-Netz kaufen wird. Unter MOL laufen 23 Stationen, unter Roth 36 und unter Rumpold 19. Für die Automatenstationen von Rumpold dürfte es am ehesten Interessenten geben, bei MOL und Roth werden wohl nur die Leckerbissen leicht an den Mann zu bringen sein. Das erste Strohfeuer der so genannten Hofertankstellen (laufen unter FE-Trading) ist im Vorjahr verpufft, die Zahl der Stationen bei den Hofermärkten blieb mit 30 stabil. Nun soll angeblich wieder expandiert werden.

Automaten, Erdgas, Ethanol

Interessant wird auch sein, wie der bei einigen Tankstellenbetreibern ausgebrochene Hype in Richtung Automaten-Tankstellen ausgehen wird. Bei der OMV-Tochter Avanti wird voll umgerüstet, im Vorjahr waren es bereits 70 Stationen, BP hat auf 31 Automaten-Abgabestellen aufgerüstet, die anderen Majors sind noch abstinent. Bei den „Sonstigen“ setzt man bei Turmöl verstärkt auf Automaten und will auf 30 Stationen (laut Statistik 2011 erst 16) aufstocken, auch bei Avia werden einige Stationen umgerüstet. Die Raiffeisenmarke Genol führt ihre 178 Stationen fast ausschließlich „automatisch“.

Was kann man noch aus der Tankstellenstatistik herauslesen? Der Ausbau des Netzes an Erdgastankstellen ist zum Stillstand gekommen, mit 173 Stationen gab es sogar einen kleinen Rückgang um 2 Einheiten. Die meisten Gastankstellen hat die OMV (61) gefolgt von ENI (45); BP (15) und Shell (9) sind da eher zurückhaltend. Die Marken IQ (10) und Avia (9) folgen knapp dahinter.

Von der groß angekündigten Superethanol (E 85)-Initiative ist heute kaum mehr die Rede. Die OMV wollte sich engagieren, hat auch einige E 85 Zapfsäulen zur Verfügung gestellt, diese aber inzwischen wieder abgebaut. Übrig geblieben ist nur mehr Genol mit inzwischen 24 Stationen. Das ist aber eher eine Zwangsveranstaltung, da der Genoleigner Raiffeisen mit seinem Werk in Pischelsdorf einziger Ethanolerzeuger in Österreich ist.

Kaufverhalten in den Shops

Eine interessante Untersuchung über das Kaufverhalten an den deutschen Tankstellen wurde vor kurzem publiziert. Die Marktforscher von GfK fanden heraus, dass deutsche Autofahrer zu 98 Prozent an der Tankstelle ausschließlich tanken wollen, nur zwei Prozent wollen nur in den angeschlossenen Shop gehen. 36 Prozent der Autofahrer entscheiden sich ausschließlich für zwei Tankstellenmarken, nur 30 Prozent tanken quer durch die Branche. Zwei Drittel aller Shopkäufer kaufen nur ein- bis dreimal im Jahr bei einer Tankstelle ein.

Nur 18 Prozent aller Shopbesucher kommen regelmäßiger, etwa bis zu 10 mal. Käufer, die mehrmals in den Shop kommen – bis zu neunmal – sind eher weiblich, 20 bis 50 Jahre alt und kaufen um durchschnittlich acht Euro ein. Leute, die mehr als zehnmal einen Tankstellenshop ansteuern sind meist Berufspendler und Angestellte mit höherem Einkommen, männlich und zwischen 50 und 69 Jahre alt. Die GfK-Experten kommen zu dem Schluss, dass die Stärken deutscher Tankstellen im Bereich der hohen Kundenloyalität und der Shop-Stammkunden liegen.

In Österreich sind keine einschlägigen Untersuchungen bekannt. Auf Shops wird aber immer stärker das Augenmerk gelegt, wo sich viele große Gruppen mit Handelsgrößen wie Spar und Billa zusammentun. Das Problem, das dabei entsteht, ist die Schulung eines entsprechenden Verkaufspersonals. Arbeitskräfte, die nur für das Inkasso von Treibstoff zuständig sind, sind meist nicht in der Lage auch die Beratung für Lebensmittel zu erledigen.

Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.

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