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Die Kondolenz im Wasserglas

Es zählt ja nun wirklich nicht zu den wichtigsten Fragen der Weltgeschichte. Aber der Sturm im österreichischen Wasserglas um Kondolenzen und Nicht-Kondolenzen zum Tod des blutrünstigen nordkoreanischen Diktators ist dennoch so signifikant wie heiter.

Man könnte sagen: Wir kondolieren, weil wir ja trotz allem diplomatische Beziehungen zu jenem Land haben, weil wir das ohne Ansehen der kriminellen Energie bei jedem Staatschef tun, weil in Wahrheit ein Großteil der weltweiten Machthaber nach unseren Maßstäben ins Gefängnis gehörte und man sich jedoch nicht mit aller Welt anlegen kann, weil wir vielleicht durch solche unverbindliche Gesten irgendwann den Nordkoreanern eine humanitäre Konzession oder einige Exportaufträge abringen können.

Man könnte aber auch sagen: Wir kondolieren nicht, weil wir an so üblen Gestalten wie Kim Jong-il nicht einmal nach deren Tod anstreifen wollen, weil für uns die Menschenrechte der oberste Maßstab sind, weil man zumindest beim unappetitlichsten Diktator des gesamten Erdballs ein Exempel setzen muss.

Aber: Wer weder das eine noch das andere tut, sitzt zwischen allen Stühlen. Und besonders peinlich wird es, wenn man dabei so herumeiert wie Österreich und insbesondere sein Bundespräsident.

Dieser ließ nämlich offiziell die nordkoreanische Meldung dementieren, dass er sein „tiefes Beileid“ ausgedrückt habe. Im gleichen Atemzug musste aber sein Sprecher zugeben, dass eine „Mitarbeiterin“ die nordkoreanische Botschaft besucht und „persönlich kondoliert“ habe.

Was nur noch skurril ist: Denn natürlich muss sich die (dem gemeinen österreichischen Volk gegenüber nicht näher identifizierte) Dame dort als Vertreterin des Bundespräsidenten geoutet haben. Sonst wäre sie gar nicht empfangen worden. Und falls sie das ohne Wissen Heinz Fischers getan hätte, hätte sie in jeder normalen Präsidentenkanzlei nach Bekanntwerden umgehend ihren Schreibtisch räumen müssen. Aber es zweifelt ohnedies niemand, dass sie von Fischer selbst entsandt worden ist. Was natürlich heftig an Fischers Vergangenheit als Vizepräsident der nordkoreanischen Freundschaftsgesellschaft zu erinnern, einer Plattform für Geschäftemacher, senile Altpolitiker und ideologische Sympathisanten des Steinzeitkommunismus.

Ähnlich absurd wurde die Uminterpretation des Kondolenz-Besuches des SPÖ-Abgeordneten Anton Heinzl „als Privatperson“ in der Botschaft. Dieser musste nun die nordkoreanische Meldung dementieren, dass durch ihn die „SPÖ St. Pölten“ kondoliert hätte. Aber vielleicht die SPÖ St.Pölten Süd?

Das Außenministerium hat zwar wenigstens auf einen Kondolenzbesuch verzichtet. Aber der Hort der heimischen Diplomatie hat dennoch versucht, sich irgendwie bei trockener Haut zu waschen: Man habe kein normales Kondolenzschreiben, sondern nur ein formloses Schreiben an das nordkoreanische Volk(!) verschickt, wird nun betont. Ah, so ist das! Ich sehe geradezu die hungernden Nordkoreaner vor mir, wie sie begeistert die Post vom Wiener Minoritenplatz aufmachen und studieren. Und dann möglicherweise wütend sind, weil das gar kein „normales Kondolenzschreiben“ ist, sondern nur ein – ja was? Vielleicht ein abnormales?

Hurra, der Fasching ist da! Die Obrigkeit signalisiert uns, dass es die Zeit des Lachens ist. Und sie selbst kann bald wieder ihre Orden für besondere diplomatische Fähigkeiten auslüften.

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