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SN-Kontroverse: Für die Griechen zahlen?

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

 

Sollen wir für die Schulden der Griechen zahlen?

 

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Wer im Glashaus sitzt...

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Vielleicht, in nicht allzu ferner Zukunft, sind die Österreicherinnen und Österreicher froh, dass es den erweiterten europäischen Rettungsschirm gibt und andere Rettungsmaßnahmen der EU für ihre Währung. Denn nicht nur Griechenland ist ein Fall für Spekulationen aller Art. Diese Woche drohte Moody's mit einer Herabstufung Frankreichs, das die belgisch-französische Großbank Dexia retten musste. Das würde in der Folge auch Deutschland hart treffen, denn Frankreich ist nach wie vor der wichtigste Handelspartner und vor allem der politische Verbündete Deutschlands, wenn es um Fragen der europäischen Einigung geht. Deutschland wiederum ist für Österreich der wichtigste Partner. Österreich wiederum ist eng mit den osteuropäischen Ländern - ob mit oder ohne Euro ist egal - verzahnt.

Die Erste Group Bank AG ist mit 17,4 Millionen Kunden eine der größten Bankengruppen in Zentral- und Osteuropa. Daher löste die Abschreibung von rund 1,8 Milliarden Euro durch die Erste einen internationalen Schock aus. Niemand weiß, wie es mit der Volksbank AG weitergeht, die einen Verlust von einer Milliarde Euro publizierte. Die Bawag, die bereits 550 Millionen Euro Staatskapital hat, macht ebenfalls Sorgen. Die Stadt Linz klagt sie wegen eines Swap-Geschäfts zu einem Frankenkredit. Der wurde so spekulativ abgeschlossen, dass aus abzusichernden 150 Millionen Euro deutlich mehr wurden. Ganz zu schweigen von den Unsummen, die die Rettung der Hypo Alpe Adria verschlungen hat. Jene neoliberal angehauchten Chauvinisten und Nationalisten aller Couleurs in diesem Land, die zurzeit ihren Finger so gern auf Griechenland richten, sollten daher lieber ihre Ganglien aktivieren. Dabei könnte der Satz von jenen, die im Glashaus sitzen und das Steinewerfen unterlassen sollen, hilfreich sein.


Das größere, aber spätere Übel

Andreas Unterberger

 

Aus Griechenland wie Italien werden täglich heftiger werdende Streiks gemeldet. Das bedeutet: Erstens, die Menschen dort haben noch überhaupt nicht begriffen, dass die Schulden ihres Landes ihre Schulden sind und nicht etwa die Deutschlands und Österreichs. Zweitens wird durch den Arbeitsausfall das Volkseinkommen der betroffenen Länder noch mehr schrumpfen. Und drittens verschwindet dadurch die Zahlungsbereitschaft in den wenigen EU-Ländern, die noch - noch! - als kreditwürdig gelten, endgültig.

Gewiss: Ein Crash Griechenlands hätte auch für andere gewaltige Folgen, egal, ob er nun als Totalpleite, als Umschuldung, als Haircut abläuft. Kreditgeber - von China bis zu den Pensionsfonds - würden danach noch zurückhaltender sein, einem EU-Staat Kredite zu geben. Dadurch würde sich jedenfalls auch die Finanzierung der österreichischen Staatsschuld weiter verteuern. Ein Flop der griechischen Staatsanleihen würde überdies etliche Geldinstitute in anderen EU-Ländern wackeln lassen und damit auch die dortigen Einlagen und damit auch die Realwirtschaft. Die Banken müssten dann durch die Steuerzahler aufgefangen werden, soll ein Flächenbrand mit Massenarbeitslosigkeit verhindert werden.

Eine schlimme Perspektive. Aber sie ist absolut harmlos gegen das, was Deutschland oder Österreich bevorsteht, wenn jetzt Griechenland & Co. noch einige Male um Hunderte Milliarden „gerettet" werden. Denn dann werden auch die scheinbar stabilen Länder in kurzer Zeit so dastehen wie Griechenland. Und es wird niemand mehr da sein, der dann noch einen totalen Flächenbrand bis hin zum Bürgerkrieg verhindern kann. Von „Rettung" sei da gar nicht mehr geredet. Eine dramatische Perspektive. Und leider geht Europa seit den ersten „Rettungsaktionen" im Mail 2010 genau den Weg des größeren Übels - nur weil dieses erst ein wenig später eintreten wird.

 

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