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Bürgerkrieg in Europas Städten

Erstaunlich und eindrucksvoll, wie schnell die Briten die Unruhen und Plünderungen nach vier Bürgerkriegstagen wieder gestoppt haben. Skurril und lächerlich hingegen, wie sich Linksjournalisten geradezu enttäuscht zeigen darüber, dass die erhoffte Weltrevolution wieder einmal ausgeblieben und vorerst nicht mehr aufgeflammt ist. Und noch viel skurriler und lächerlicher sind die sogenannten Menschenrechtsvereine, die lautstark das Durchgreifen gegen Plünderer, Gewalttäter und Anstifter beklagen.

Offenbar haben die Opfer der Unruhen – etwa jene Angestellten, die ihren Job in den zerstörten Geschäften verloren haben – keine Menschenrechte. Offenbar wäre es diesen Menschenrechtsvereinen lieber, die Unruhen wären monatelang so weitergegangen, nur damit ja keiner der armen Jugendlichen zu hart angefasst wird. Obwohl gerade diese Härte leider ganz offensichtlich die einzige Sprache ist, welche diese Typen verstehen.

Dasselbe hat sich ja in der Reagan-Ära auch in den USA gezeigt, als die einst vor Kriminalität überkochenden Stadtzentren der Großstädte durch eine konsequente Zero-Tolerance-Strategie, bei der auch das kleinste Vergehen bestraft wird, wieder zivilisiert worden sind. Auch damals haben sich in den USA und noch mehr in Europa vermeintlich gute (in Wahrheit freilich nur kurzsichtige) Menschen darüber aufgeregt. Aber trotz dieser einstigen Kritik hat seither auch kein demokratischer Präsident, kein linker Bürgermeister diese Strategie umzukehren gewagt.

Das heißt nun gewiss nicht, dass es nicht auch andere sinnvolle Strategien gegen fehlgeleitete Energien junger Männer gibt. Diese machen aber nur als Zusatz zu einer glaubwürdigen Recht-und-Ordnung-Strategie einen Sinn, nicht als Ersatz dafür.

Falsch ist lediglich eine einzige, aber leider sehr verbreitete Reaktion: den Jugendlichen einzureden, nicht sie, sondern die Gesellschaft wäre an allem schuld; ihnen zu sagen, weil sie keinen Job haben, wären sie ein Opfer, was eine Täter-Rolle logischerweise ausschließt; zu argumentieren, solange ein Banker so viel verdient, sei es verständlich, Kaufhäuser zu plündern.

Welche Begleit-Strategien zu Law and Order sind aber wirklich sinnvoll? Da gibt es einmal die oft erfolgreich angewendeten Wunderdrogen Sport und kulturelle Kreativität. In beiden Bereichen finden auch arbeitslose junge Menschen ein Ziel und werden zu Disziplin gezwungen. Anders formuliert: Ihre Hormone werden von destruktivem Verhalten abgelenkt. Das hat oft genug gewirkt. So waren Österreichs Fußballer gerade in den Zeiten der größten Not am erfolgreichsten; so sind durch Basketball, Leichtathletik und Boxen viele schwarze Amerikaner statt ins Gefängnis zu erfolgreichen Karrieren gekommen; so sind die venezolanischen Jugendorchester voller Unterschicht-Kinder ein weltweit bekanntes Modell geworden.

Über solche natürlich nur langfristig wirksame Initiativen sollten auch die Briten ein wenig mehr nachdenken.

Ebenso sollte man europaweit über mehr Jobs für die Jugendlichen nachdenken. Die entstehen freilich nicht durch Anordnung, sondern durch ganz andere, teilweise unpopuläre Maßnahmen. Ein winziges, aber signifikantes Beispiel hat mir ein heimischer Tischler erzählt: Er hat aufgehört, Lehrlinge zu beschäftigen, als ihm die Behörde verboten hat, Lehrlinge über eine Leiter auf einen Dachboden in der Werkstatt steigen zu lassen, und er eine eigene Treppe bauen hätte müssen.

Genau solche Beispiele sind es, die mit dem so abstrakt klingenden Wort „Deregulierung“ gemeint sind, und die in der Summe europaweit Millionen Jobs kosten.

Genauso schädlich sind zu hohe Gehälter: Je erfolgreicher Gewerkschaften sind, umso mehr profitieren zwar die glücklichen Besitzer eines Jobs, umso weniger Jobs gibt es aber für jene, die noch keinen haben. Wenn ein neuer Mitarbeiter mehr kostet, als er bringt, wird er logischerweise halt nicht angestellt werden. Vor allem, wenn man ihn später nicht kündigen darf. Da können die Gewerkschaften noch so sehr auf Regierung oder Unternehmer schimpfen, an den (für Arbeitgeber) in manchen Ländern mehr als abschreckenden Arbeitskosten sind die Gewerkschaften selber hauptschuld.

Noch schädlicher aber sind Grundeinkommens-Projekte und Sozialhilfen, bei denen arbeitsfähige Menschen praktisch genauso viel verdienen wie arbeitende. Das lässt Jugendlichen jede Suche nach einem Job – so bescheiden der am Anfang auch sein mag – als eine völlig überflüssige Kraftanstrengung erscheinen.

Könnten die Regierungen nicht auch selbst Beschäftigungsprogramme auflegen? So hört man es mancherorts. Solche Programme haben aber halt die Tendenz, sehr rasch unfinanzierbar zu werden. Egal wie man sie tauft. So sind etwa in Österreich die vielen überschüssigen Eisenbahner und die viel zu jungen Frühpensionisten ja auch nichts anderes als versteckte Arbeitslose. Deren Kosten ruinieren die Republik. Dennoch sind Programme sinnvoll, wo Jugendliche, die Anspruch auf eine soziale Unterstützung haben, jedenfalls auch arbeiten müssen – und sei es nur, um die von Touristen verunreinigten Wanderwege wieder zu säubern.

Viel wichtiger als Beschäftigungsprogramme ist aber eine gute und zielgerichtete Bildungspolitik. Es gibt viele sehr ernsthafte Hinweise, dass die großen Probleme mit Jugendlichen gerade in Großbritannien sehr intensiv mit dem britischen Gesamtschulsystem zusammenhängen. Eine gute Ausbildung gibt es dort nämlich fast nur noch in den extrem teuren Privatschulen – oder in sehr teuren Wohnvierteln, in welche Eltern bewusst hinziehen, um eine gute Schule für ihre Kinder zu ergattern.

In den schlechten Schulen hingegen hat man noch mehr als bei uns den Lehrern jedes Zwang- und Druckmittel gegen undisziplinierte Kinder aus der Hand genommen. Sodass diese dann oft wirklich erst von der Polizei Grenzen gesetzt bekommen. Was natürlich für eine sinnvolle Lebensperspektive viel zu spät ist.

Gleichzeitig fehlt in Großbritannien etwa ganz das hervorragende österreichische Berufsschulsystem, das zumindest außerhalb der Großstädte auf sehr guten und stark nach Leistung differenzierenden Hauptschulen aufbaut. Das also auch jenen Kindern eine befriedigende Berufsperspektive vermittelt, die von zuhause ohne kulturellen und Bildungshintergrund ins Leben geschickt worden sind.

Keineswegs ignorieren darf man aber auch den ethnisch-kulturellen Faktor der Unruhen. Es gibt zwar Täter mit allen Hautfarben. Aber es gibt einen übersignifikant großen Anteil von Tätern mit schwarz-karibischer Abstammung und von solchen, deren Vorfahren aus Pakistan oder Bangladesh stammen, was viele Medien verschweigen.

Wobei die Zuwanderer aus Indien und China im Gegensatz dazu extrem erfolgreich und friedlich sind – obwohl Inder ja rein äußerlich nicht von den Pakistanis zu unterscheiden sind. Dass die britischen Moslems in erstaunlich großen Teilen eine extrem problematische und schlecht integrierte Gruppe sind, hat sich ja auch schon bei den diversen terroristischen Aktivitäten gezeigt – die nach Meinungsumfragen unter den auf der Insel lebenden Moslems erschreckenderweise von rund 20 Prozent gutgeheißen werden.

Bei der Ursachenforschung für die britischen Unruhen stößt man schließlich auf noch einen Faktor, der zumindest bei den Zuwanderern aus der Karibik wichtiger ist als Law and Order, wichtiger als Jobs, wichtiger als ein maßgeschneidertes und disziplinierendes Schulsystem: Das sind die Familien; oder genauer gesagt deren Fehlen; oder noch genauer: das Fehlen der Väter.

In britischen wie amerikanischen Slums wächst der Großteil der jungen Menschen vor allem schwarzer Hautfarbe ohne Väter auf. Diese sind meist rasch nach der Zeugung wieder abgehauen. Und in jenen wenigen Fällen, wo sie vorhanden sind, ist ein Gutteil der Väter nicht gerade an Erziehung interessiert, nicht gerade ein Vorbild.

Was das Schlimmste daran ist: den verschwundenen Vätern fehlt jedes Unrechtsbewusstsein, wie es in wertkonservativ geprägten Gesellschaften in solchen Situationen noch auftritt. Die flüchtigen Väter müssen auch mit keinerlei gesellschaftlicher Verachtung mehr rechnen. Man wird sich doch nicht gleich um jedes Kind kümmern müssen, dass man halt einmal gezeugt hat. Man sollte höchstens aufpassen, nicht legal zu arbeiten, da man ja sonst Alimente zahlen müsste.

Dabei zeigt jede internationale Statistik, dass vaterlos aufgewachsene Kinder viel öfter psychisch krank sind, viel häufiger in der Sozialhilfe und im Gefängnis landen. Sie haben niemanden, der ihnen ein Vorbild sein könnte, an dem sie sich reiben könnten, der sie beschützt und gegebenenfalls auch bestraft, der darauf schaut, dass sie in die Schule (oder gar Kirche) gehen.

Wenn sich die westlichen Gesellschaften nicht diesen Defiziten zu stellen beginnen, dann werden die heißen britischen Sommertage nur eine Generalprobe für künftige Katastrophen sein. Und niemand soll glauben, diese könnten nicht auch vor unserer Haustür passieren.

Man denke nur an die signifikant höhere Verbrechensrate von Jugendlichen türkischer Abstammung, wie sie etwa aus Deutschland bekannt ist (In Österreich hat man derartige statistische Spuren möglichst zu verwischen versucht). Die lustigen Auto-Verbrennungen in französischen Städten und nun in Berlin sind aber geographisch und soziologisch Österreich schon bedenklich nahe. Nur wagt in Deutschland niemand, mit der gleichen Härte energisches Durchgreifen zu verlangen, wie es etwa der britische Premier tut. Dieser wird mit Sicherheit auch politisch gestärkt aus den Unruhen herausgehen. Trotz der Belastung durch die peinliche Nähe zum Verlagshaus Murdoch und dessen seit einigen Tagen bekannt gewordenen kriminellen Recherche-Methoden.

Man sollte aber auch die positiven Erfahrungen aus den Unruhen nicht ignorieren: Sie haben Nachbarschaften wieder viel stärker zusammengeschweißt. Hunderte Jugendliche – ebenfalls aller Hautfarben – machen freiwillig und unbezahlt Aufräumarbeiten. Es gibt viele Menschen, die der Polizei die Identität der auf Photos der Überwachungskameras festgehaltenen Übeltäter enthüllen. Diese Photos haben die bei unseren Linken und Juristen so verpönten Kameras übrigens noch populärer gemacht hat, als sie ohnedies schon waren.

Weiters haben die Briten mit „Tough love“ ein hochinteressantes Konzept entwickelt: Sie kürzen einerseits arbeitslose Grundeinkommen und fördern andererseits alle Initiativen, die arbeitslosen Jugendlichen einen echten Job verschaffen.

Am grundlegendsten ist aber eine von David Cameron nun in die Wege geleitete Neuorientierung des Denkens: Anstelle des schwachsinnigen Gender-Mainstreaming will er nun in Richtung eines "Ehe- und Familien-Mainstreamings" gehen. Jede politische Maßnahme wird künftig einem "Familien-Test" unterworfen, bevor sie Gesetz werden kann. Gewiss: Da muss man immer abwarten, wie die Wirklichkeit aussieht. Aber schon die Ankündigung ist einer der wichtigsten Paradigmenwechsel im politischen Denken europas seit Jahrzehnten.

Wir könnten und sollten viel aus den britischen Erfahrungen lernen. Was freilich zuerst das Bewusstsein voraussetzt, dass es auch anderswo solche Unruhen geben kann.

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