Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Wie die Gewerkschaft den Binnenmarkt zerstört

Am Schluss will es meistens niemand gewesen sein. Doch diesmal sind die Täter bekannt: Gewerkschaften, Arbeiterkammer und EU-Bürokratie sind die Haupttäter, die EU-Gesetzgeber (Parlament, Regierungen und Kommission) wie auch die österreichische Finanzbürokratie sind Nebentäter. Es geht um einen geradezu unglaublichen weiteren Zuwachs an bürokratischen Exzessen. Dieser wurde durch das europäische Entsenderecht und die angebliche Dienstleistungs-„Freiheit“ ausgelöst.

Diese hat zehnmal mehr Bürokratie ausgelöst, als vorher für den gleichen Vorgang in der angeblichen Dienstleistungs-Unfreiheit notwendig gewesen ist. Wenn es überhaupt eine bürokratische Regelung dafür gab.

Der Sachverhalt, den mir ein Tagebuch-Leser vorgelegt hat, ist klar: Er betreibt ein Software-Entwicklungs-Unternehmen in Wien und hat einen deutschen Kunden an der Angel. Ein Mitarbeiter dieses Kunden macht kurz in Wien Station, um die Kooperation zu besprechen. Und man trifft sich am Wiener Flughafen zu einer Besprechung, ehe der Deutsche wieder abreist.

Was aber eröffnet der angereiste Gesprächspartner als erstes: Er müsse für die österreichische Finanz ein zweiseitiges Formular ausfüllen, so wie seit Jahresbeginn jeder in dienstlichem Zusammenhang nach Österreich kommende EU-Bürger. Selbst wenn die Anreise nur einem halbstündigen Gespräch dient. Der penible Deutsche hatte das Formular gleich mit.

Geht es noch absurder? Warum lässt man die Gewerkschaften den einzigen wirklichen Sinn der EU so zynisch ruinieren, nämlich den, einen gemeinsamen Markt herzustellen? Glaubt irgendein Politiker, solche Bürokratie-Exzesse wären sinnvoll oder gar populär?

Das Motiv der Gewerkschaft ist angeblich die Verhinderung von Lohndumping, also von zu billigem Arbeiten durch EU-Ausländer in Österreich. Nun: Diejenigen, die solches vorhaben, werden sich ganz gewiss auch durch solche Fragebogenschikanen nicht aufhalten lassen.

Dieses seit Jänner vorgeschriebene Formular der österreichischen Finanz (ZKO 3) ist nur als reine Schikane zu bezeichnen – auch in weniger lächerlichen Fällen als bei jenem Gespräch mit einem deutschen Kunden. Denn das Formular macht beispielsweise keinen Unterschied, ob da ein Auftraggeber oder ein Auftragnehmer anreist. Denn auf diesem Formular sind für jede einzelne „Entsendung“ nicht weniger als 48 Rubriken auszufüllen. Für viele davon braucht man schon einen eigenen Rechtsberater, um zu erkennen, was oder wer da eigentlich gemeint sein soll. Oder weiß der werte Leser beispielsweise, wer im konkreten Beispiel das sein soll: „Beauftragte Person (Weisungsberechtigt gegenüber der entsandten Arbeitnehmerin/dem entsandten Arbeitnehmer)“? Wer ist da zugleich „beauftragt“ und „weisungsberechtigt“?

Das einzige, was diese kranke Bürokratie offenbar noch zusammenbringt, ist die krampfhafte Vergenderung aller Formulare. Dadurch werden diese freilich noch viel unverständlicher, wohl auch für die Formular-Verfasser.

Sosehr man aber die Bürokratie tadeln muss: Die Hauptschuld bleibt bei den Gewerkschaften – den österreichischen an der Spitze! –, die solches durchgesetzt haben. Sie haben der europäischen Idee eines gemeinsamen Marktes zur Förderung von Frieden und Wohlstand viel mehr Schaden angetan, als es die oft getadelten Europaskeptiker je geschafft haben.

Diese aber können sich ins Fäustchen lachen. Das antieuropäische Geschäft besorgen andere, die Gewerkschaften und die diesen willfährigen Politiker und Bürokratien. Die Ernte wird natürlich bei den Europagegnern landen.

Mir bleiben da nur noch zwei Fragen: War nicht Österreich so stolz darauf, in seiner Präsidentschaft die den ganzen Unsinn auslösende Dienstleistungsrichtlinie durchgebracht zu haben? Wundert es wen, wenn es sich dieser Deutsche künftig zehnmal überlegen wird, wieder einen Auftrag nach Österreich zu vergeben, wenn das mit so viel Schikanen erschwert wird?

PS: Und wenn jetzt manche meinen, nur ein Deutscher kann das alles so penibel ernst nehmen, dann haben sie vielleicht recht. Aber was ist das für ein Staat, was für ein Europa, das ständig Regeln ausspeit, die niemand mehr ernst nehmen kann und will? Und wo, wie in einer Negativ-Lotterie, halt bisweilen manche Übeltäter erwischt und bestraft werden, und die anderen munter weitertun. Denn anders als rechtswidrig kann man da gar nicht weitertun.

 

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung