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Die minimalistische Wahl

Viel hat sich an den Unis bei diesen ÖH-Wahlen nicht verändert. Am interessantesten ist zweifellos das Comeback der Jungen Liberalen. Sie haben jeden Beigeschmack von Heide Schmidt abgestreift und versuchen wirklichen Liberalismus. Ihr Erfolg – natürlich auf niedrigem Niveau und nur dort, wo sie überhaupt angetreten sind – ist umso erstaunlicher, da die Julis nicht nur wie mehrere andere Listen für Zugangsbeschränkungen sind (die ja im Interesse aller Studenten sind), sondern auch für eine teilweise Gebührenpflicht. Die nun wirklich nicht dem üblichen politischen Populismus entspricht.

Viele andere Details des Wahlergebnisses entziehen sich hingegen einer politischen Bedeutung: Warum ist etwa die Grazer Medizin eine sozialistische Hochburg, die Wiener jedoch eine der AktionsGemeinschaft? Dasselbe gilt für die total unterschiedlichen Trends an den einzelnen Unis im Vergleich zur letzten Wahl. Da geht es ganz offensichtlich um einzelne Personen in der jeweiligen Uni oder Fakultät, die gut oder schlecht bewertet worden sind – was ja durchaus positiv ist.

Die seit einigen ÖH-Wahlen konstant anhaltende Stärke der sogenannten Fachschaftslisten ist ein Zeichen der lokalen Autonomiebestrebungen, den man auch als Wunsch nach Entpolitisierung verstehen kann. Viele Studenten glauben nämlich, damit ein spezifisches Signal gegen die großen politischen Lager und zugunsten einer Konzentration auf ihre Studienrichtung zu setzen. Sie übersehen dabei freilich, dass die Fachschaftslisten auf der bundesweiten Ebene regelmäßig als billige Mehrheitsbeschaffer für die linken Listen dienen, die dann ganz den Ton angeben. Das wird aber auch in Zukunft dazu führen, dass die AktionsGemeinschaft als weitaus größte Studentenliste auf den Oppositionsbänken sitzen muss. Was demokratisch ok ist - was freilich auf gesamtpolitischer Ebene mit umgekehrten Vorzeichen von der Linken wie ein Putsch skandalisiert worden ist.

Regional sehr unterschiedlich, aber doch auffällig sind die leichten Zugewinne der Sozialisten: Da diese jedoch meist auf Kosten der Grünen erzielt worden sind, darf man dem keine sonderliche Bedeutung geben. Haben doch Rot und Grün wie die siamesischen Zwillinge agiert, die niemand wirklich auseinanderhalten konnte.

Insgesamt bleibt der Eindruck: Die blamable Vorstellung der ÖH insbesondere während der Hörsaalbesetzungen hat die Studentenmassen eine minimale Spur stärker aktiviert und eine weitere minimale Spur stärker zu den Liberalen hin getrieben. Aber alles eben recht minimal.

Wie auch immer man das Ergebnis der Wahl bewertet: Wirkliches politisches Gewicht wird die ÖH auch in Zukunft nicht bekommen. Sie spielt nur insofern eine Rolle, als die SPÖ aus Angst um den Verlust studentischer Stimmen weiterhin jede sinnvolle Uni-Reform, also vor allem rasche Entscheidungen über Studienberechtigungen blockieren wird. Perverserweise dient dies zum Schaden der Studenten, die weiter unter üblen Bedingungen lernen müssen.

Manche ÖH-Funktionäre geben sich der Illusion hin, dass die verstärkte Berichterstattung der Medien über die Unis in den letzten Jahren ein Erfolg der ÖH gewesen ist. Das ist aber eine Selbsttäuschung: Denn die verstärkte Uni-Berichterstattung der Zeitungen ist Marekting, sonst nichts.

Die Zeitungen intensivieren nämlich seit einiger Zeit in ihrem verzweifelten Kampf um die im Eiltempo Richtung Internet entschlüpfenden Studenten die einschlägige Berichterstattung und jubeln daher allem zu, was Studenten machen. Sie würden auch jubeln, würden die Studenten täglich mit Anzug, Krawatte und Zylinder in Zweierreihen in die Unis einmarschieren.

Im Grunde sind Österreichs Studenten heute mehrheitlich politisch desinteressiert. Und nur wenige sind bereit, den Ärger über die ÖH auch durch einen Gang in die Wahlzelle auszudrücken. Denn die Wahlbeteiligung hat sich zwar minimal erholt. Aber bleibt im historischen Vergleich eben minimal.

 

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