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Adam und Eva in neuen sozialen Rollen

Die Gleichbehandlung der Geschlechter ist neuerdings wieder verstärkt in Diskussion geraten. Um was es wie gewohnt geht, ist die löbliche, aber etwas utopische Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit. Unabhängig von diesem immer wieder aufflammenden Geschlechterkrieg hat das IMAS-Institut mehrere Studien erstellt, die sich mit dem generellen Selbstverständnis der Frauen in der heutigen Gesellschaft beschäftigte und zugleich prüfte, wie die Männer die Weiblichkeit sehen wollen.

Auf den ersten Blick hat es den Anschein, als habe sich am sozialen Rollenbild der Frau, wie es Friedrich v. Schiller vor mehr als 200 Jahren im Lied von der Glocke literarisch malte ( „...Und drinnen waltet / die züchtige Hausfrau, / die Mutter der Kinder / und herrschet weise / im häuslichen Kreise / ...und reget ohn Ende / die fleißigen Hände… / ...und dreht um die schnurrende Spindel den Faden / ...und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer / Und ruhet nimmer"), kaum etwas geändert. Was die Österreicher von einer „richtigen Frau“ nämlich in erster Linie erwarten, ist, dass sie viel von Haushaltsführung versteht, ihrem Mann bzw. Partner unbedingt treu ist, die Familie zusammenhält und bei Streitereien ausgleichend wirkt. Trotz propagierter Promiskuität durch die 68er-Bewegung und der zur Selbstverständlichkeit gewordenen Patchworkfamilie vertreten jeweils rund zwei Drittel der Bevölkerung diese bieder klingenden Ansichten. Als sehr wichtig gilt überdies, dass sich eine Frau um die gesunde Lebensführung der Familie kümmert.

Bei näherer Betrachtung der IMAS-Studie werden freilich fundamentale Unterschiede zwischen dem heutigen Frauenbild und dem patriarchalischen Verständnis der vergangenen Jahrhunderte erkennbar. Am deutlichsten zeigt sich der Wandel in den Idealvorstellungen, die die Frauen selbst von ihrem Dasein besitzen. Was dabei Aufmerksamkeit verdient, sind die bisweilen großen Abweichungen zwischen dem weiblichen Selbstverständnis und den Erwartungshaltungen, mit denen die Männer dem keineswegs mehr ganz schwachen Geschlecht begegnen.

Kennzeichnend für die Denkmuster der Frauen sind (im Vergleich zu dem, was den Männern an ihnen lieb ist), weit überdurchschnittlich bekundete Absichten, eigene Interessen zu verwirklichen, neben der Familie einen Beruf auszuüben, der gefällt, mit Hilfe eines eigenen Einkommens zum Familienunterhalt beizutragen, sich in Geldsachen gut auszukennen und das Geld zu verwalten, also gewissermaßen den „Finanzminister“ der Familie zu spielen. Recht hoch im Kurs steht bei den heutigen Österreicherinnen auch das Erlernen handwerklicher Tätigkeiten.

Merklich weniger ausgeprägt als es dem Erwartungsschema der Männer entspricht, ist in der weiblichen Bevölkerung der Vorsatz, dem Mann unbedingt treu zu sein, sexy und verführerisch zu wirken, oder sich hauptsächlich auf den Haushalt und die Familie zu konzentrieren. Kaum ein Fünftel der weiblichen Bevölkerung findet Geschmack daran, den eigenen Mann bzw. Partner in seiner beruflichen Karriere zu unterstützen und dabei die eigenen Interessen zurückzustellen.

Ansonsten ist den IMAS-Befunden zu entnehmen, dass sich mit dem offenkundig veränderten Rollenbild der Frau auch die Erwartungshaltungen gegenüber den Männern verschoben haben. Auch die Männer selbst haben von ihrer sozialen Existenz eine neue, stark revidierte Vorstellung. Der Generaleindruck ist, dass die Männer weder in ihrem Selbstverständnis noch aus der Sicht der Frauen weiterhin eine beherrschende Stellung einnehmen. Der Typus des Macho gehört der Vergangenheit an. Er besitzt in der Bevölkerung keine mehrheitliche Akzeptanz mehr. Auch als Familienoberhäupter haben die Männer mental großteils abgedankt: Nicht einmal jeder zweite männliche Erwachsene hält es noch für essentiell, als Hauptverdiener den Familienunterhalt zu bestreiten, nicht einmal ein Drittel der Männer erhebt Anspruch darauf, zu bestimmen, was in der Familie zu geschehen hat und was nicht. Die Autorität ist paritätisch geworden.

Besonders klein ist übrigens die Zahl der Frauen, die den Männern die Hauptverantwortung für die familiären Geschicke zuordnen: Als Existenzsicherer werden die Männer nur von 39 Prozent der weiblichen Bevölkerung eingestuft, als Hauptentscheider im Familienleben von lediglich 17 Prozent. Was die Frauen von den Männern ungleich häufiger erwarten als familiäre Führungsqualität, ist, dass sie unbedingt treu sind, viel Verständnis für die Wünsche und Probleme der Probleme der Frauen haben sowie, dass sie warmherzig und mitfühlend sind. Weit oben im weiblichen Forderungskatalog stehen überdies die Erwartungen, dass die Männer höflich und zuvorkommend sind, sich in Geldsachen gut auskennen, den Frauen beim Kochen und Abwaschen zur Hand gehen und nicht zuletzt gesundheitsbewusst leben (nämlich wenig rauchen und trinken).

Eher im Mittelfeld der weiblichen Wunschvorstellungen findet man Hinweise auf notwendigen beruflichen Ehrgeiz, geistige Interessen sowie auf ein sportliches, kraftvolles Erscheinungsbild der Männer. Noch geringer wiegt für Frauen die männliche Anmutung von Unerschrockenheit und Furchtlosigkeit. 

Kaum mehr gefragt von der Weiblichkeit sind Männer, zu deren Bildung und Wissen eine Frau aufschauen kann.

Es ist augenscheinlich, dass die Emanzipation spätestens seit den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen hat und markante Verhaltensmuster in das öffentliche Bewusstsein brannte. Der Bildungsehrgeiz der weiblichen Bevölkerung hält sich allerdings, ebenso wie das Streben nach beruflicher Leistungsgleichheit, in engen Grenzen. Nur 22 Prozent der Österreicherinnen erscheint es vordringlich, dass Frauen eine möglichst hohe Ausbildung haben; lediglich 18 Prozent von ihnen meinen, eine Frau sollte im Beruf gleich viel oder mehr leisten als ein Mann.

Was die häufig beklagte Unterrepräsentanz der Frauen in politischen Führungsfunktionen betrifft, so steht dieser Forderung die empirische Erkenntnis gegenüber, dass lediglich 17 Prozent der Österreicherinnen die Beschäftigung einer Frau mit Politik für unabdingbar halten. Der Forderung nach Quotenregelungen und verordneter Gleichheit fehlt insofern die innere Logik. Zweifelhaft ist es auch, dass eine vermehrte Präsenz von Frauen in Führungspositionen zugleich ein verstärktes politisches Interesse der weiblichen Bevölkerung nach sich ziehen würde. Die angestrebte Vorbildwirkung von Frauen in hohen politischen Rängen wird sehr wahrscheinlich überschätzt.

Auf einem anderen Blatt steht, dass durch die Abkehr von traditionellen weiblichen Verhaltensweisen auch Fragen entstanden sind, auf die die Gesellschaft vorerst keine brauchbaren Antworten parat hat. Brisant ist vor allem, dass nur jede vierte moderne Frau eine Neigung bekundet, sich um alte oder kranke Verwandte zu kümmern. Als logische Folge davon wird eine Leistung, die in der Vergangenheit innerhalb der Familien erbracht wurde, künftig vermehrt von organisierten Diensten geboten werden müssen. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Eintritts der Babyboomer in das Seniorenalter bedeutet die Unlust der Frauen an innerfamiliärer Betreuung eine zusätzliche Verschärfung des ohnehin extrem angespannten Pflegeproblems. 

Die Lebensziele sind anders

 

Eine andere Studie untersuchte die Lebensziele. Diese unterscheiden sich innerhalb der Geschlechter in einigen Punkten recht deutlich. Bereits den Prozentsummen aller Nennungen ist zu entnehmen, dass Männer grundsätzlich etwas höhere Ansprüche an das Leben stellen als die weibliche Bevölkerung. Genau genommen gibt es nur drei Problembereiche, in denen die Wünsche der Frauen sehr klar über jenen der Männer liegen, nämlich im Verlangen nach einem guten Bekanntenkreis, der Erwartung, ein ausgeglichenes, ruhiges Leben führen zu können und in punkto sozialer Sicherheit.

Im Vergleich dazu richtet sich das Denken der Männer erheblich stärker auf Dinge, die direkt oder indirekt mit beruflichem Vorwärtskommen zu tun haben, nämlich: „Gut verdienen“ und „Erfolg im Beruf“ (jeweils +10 Prozent), sowie „eigenen Besitz schaffen“ und „Selbständigkeit im Beruf“ (jeweils +7 Prozent).

Besonders aufschlussreich ist die Nachschau nach den bereits erreichten Zielen, insbesondere bei der berufstätigen Bevölkerung. Man stellt dabei fest, dass die Männer durchwegs häufiger auf die Verwirklichung von beruflichen Erwartungen verweisen können als Frauen.

Im einzelnen beträgt bei den berufstätigen Männern der Überhang an realisierten Zielen (im Vergleich zu den berufstätigen Frauen) im Bezug auf:

  • „gut verdienen“.................................................+13 Prozent
  • „Erfolg im Beruf“...............................................+8  Prozent
  • „Selbständigkeit im Beruf“..................................+6  Prozent               

Dazu kommt, dass die berufstätigen Männer um 7 Prozentpunkte häufiger als die in Arbeit stehenden  Frauen über genügend Freizeit und geringe Überlastung berichten können.

Intensitässkala der Berufs- und Aufstiegsorientierung

Aufgrund der vorangehend dargestellten Befunde besteht wenig Zweifel, dass sich die weibliche Bevölkerung im Berufsleben benachteiligt fühlt. Unbestreitbar ist aber auch, dass Frauen den beruflichen Perspektiven eine nicht ganz so große Bedeutung beimessen wie es die Männer tun. Der statistische Nachweis dafür ergibt sich aus einer vom IMAS erstellten Intensitätsskala, bei der die berufsbezogenen Antworten als Skalenbedingungen aufgefasst wurden. Aufgrund der Häufigkeit der „erfüllten“ Bedingungen lassen sich Rückschlüsse auf die Intensität von Berufs- und Aufstiegsorientierung ziehen.

Die Skalenanalyse führte zur Erkenntnis, dass von den berufstätigen Männern 38 Prozent, von den berufstätigen Frauen hingegen nur 30 Prozent eine sehr starke Berufsorientierung (mit zumindest vier erfüllten Skalenbedingungen) aufweisen. Bei 40 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen ist die Berufsbezogenheit in mittlerer Ausprägung vorhanden. Äußerst schwach ist sie bei 22 Prozent der Männer und 25 Prozent der Frauen.

Innerhalb der demografischen Gruppierungen sind es die Angehörigen der Generation unter 30, die sich grundsätzlich am stärksten mit beruflichen Aspekten beschäftigen, wobei dieses Verhalten bei jungen Männern (mit 46 Prozent) noch erheblich häufiger nachzuweisen ist als bei jungen Frauen (34 Prozent).

Darüber hinaus zeichnen sich in der männlichen Bevölkerung vor allem die Personen mit höherer Schulbildung durch sehr intensive berufliche Zielsetzungen aus. Von ihnen erfüllten 41 Prozent zumindest vier der Skalenbedingungen, die Angehörigen der einfachsten Bildungsschicht taten dies dagegen nur zu 24 Prozent.

 

Fazit: Die historische Berechtigung der Emanzipation ist unbestritten. Allerdings gibt es, wie das Exempel zeigt, neben vielen Vorzügen auch Schattenseiten und Nachteile, für die der moderne Sozialstaat hohe Preise zu entrichten hat. Die Frage drängt sich auf, ob eine zu starke Abkehr von traditionellen Rollenbildern und die kompromisslose Nivellierung der Geschlechter in ihren sozialen Funktionen wirklich wünschbar sein kann.

Andreas Kirschhofer-Bozenhardt war langjähriger Leiter des renommierten Meinungsforschungsinstituts Imas; von Imas stammen auch die analysierten Daten.

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