Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (10 Euro pro Monat) ist jederzeit beendbar und endet extrem flexibel einfach durch Nichtzahlung. 

weiterlesen

Marek wirds wohl nicht sein

Ich habe zu 95 Prozent meines Lebens ÖVP gewählt, manchmal begeistert, manchmal missmutig, oft als geringstes Übel. Bei der Wiener Gemeinderatswahl werde ich das mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht mehr schaffen.

Soweit die Antwort auf die Anfrage eines Partners.

Dafür gibt es viele Gründe, die nicht alle Christine Marek heißen. Denn schon unter Johannes Hahn war es im Grund unfassbar, wie nichtexistent die große Wiener Oppositionspartei ist - ja, liebe Leser, die ÖVP ist derzeit in Wien noch immer Nummer zwei, auch wenn man es nicht merkt -, welch schwache Persönlichkeiten sie in ihrem Spitzenteam hat, und wie dümmlich die Partei ständig glaubt, ausgerechnet bei den Grünen Wähler zu finden.

Die Grünen sind nämlich auch in Wien eine zahlenmäßig schwache Partie, sie und ihre Gedanken sind nur in den Kunst-, Beisl-, Feministinnen-, Studenten- und Journalistenszenen präsent, unter den meisten anderen Wienern aber nicht. Ach ja, auch viele Kinder von ÖVP-Politikern haben eine Zeitlang in postpubertärer Proteststimmung grün gewählt.

Der Hauptgrund, warum sich die Wiener ÖVP als unwählbar präsentiert, ist aber doch Christine Marek. Die ja auch personell voll mit dem schwachbrüstigen Wiener Team aus Hahn-Zeiten weitermacht.

Sie biedert sich in unfassbarer Weise (genauso wie die Grünen) an die Wiener SPÖ an, obwohl das korrupte Rathaus-Regime geradezu nach einem Machtwechsel schreit. Obwohl nirgendwo sonst eine Partei die (dank Finanzausgleich reichlichen) Mittel einer Stadt oder eines Landes so sehr im eigenen parteipolitischen und ideologischen Interesse missbraucht.

Und was verkündet da Marek als Wahlziel? Nicht etwa einen Machtwechsel im Rathaus, nicht etwa einen nichtsozialistischen Bürgermeister,sondern den Wunsch, dass sie "keine Pipifax-Ressorts" will. Na toll.

Sie stellt nicht einmal ein paar Bedingungen, die wenigstens einen Hauch einer Wende bringen würden. Sie verlangt nicht als Conditio sine qua non, dass der parteipolitische Missbrauch von hunderten Millionen Steuergeldern für Propaganda, für SPÖ-nahe Vereine, Künstler und Verlage, für Bestechungsinserate eingestellt wird. Sie verlangt keinen Stopp des Missbrauchs öffentlicher Gelder für Sportvereine und Parteifeste. Sie verlangt keinen Personalabbau und kein Ende der Beamtenprivilegien.

Frau Marek hat auch nicht ihren gepolsterten Sitz als Staatssekretärin aufgegeben, um der Stadt zu signalisieren, hier bricht jemand auf, um die Stadt endlich wieder bürgerlich zu machen. Sie lässt sich lieber in den nächsten Wochen täglich für die katastrophalen Kürzungen in ihrem Familienbereich prügeln, als dass sie auf die Staatssekretärs-Bezüge verzichten würde.

Sie wirkt damit auch bei der skandalösen Häupl-Hilfe durch die Bundesregierung mit, die ja im Widerspruch zur Verfassung alle Budgetbeschlüsse erst nach dem Wahltag fällen will.

Frau Marek hat bis heute auch keine Silbe zur mörderischen Attacke der SPÖ auf die Gymnasien und die letzten Reste an Schulqualität über die Lippen gebracht. Obwohl das gerade für die bürgerlichen Wähler ein zentrales Thema ist.

Genauso geht sie angstvoll dem Ausländerthema aus dem Weg, das die Bürger als einziges vielleicht noch mehr bewegt als die Schule. Ein netter 21-jähriger Kroate auf der Kandidatenliste ist da noch keine Antwort. Vor allem sind solche Quereinsteiger erst recht keine Motivation für die paar noch verbliebenen schwarzen Funktionäre, sich für Marek die Sohlen heißzulaufen.

Sie versucht sich nun ausgerechnet mit ein paar Wirtschaftsphrasen bemerkbar zu machen. Die aus dem Munde einer langjährigen Betriebsrätin nicht wirklich überzeugend klingen. Dabei bringt sie aber auch kein Wort von einer Privatisierung der Gemeindebetriebe zustande.

Zugleich ist Christine Marek eine an sich nette Person, wenn auch ziemlich menschenscheu. Nur ein Politiker mit Visionen, mit Zielen, mit politischem Denken, mit einem Zug aufs Tor - auf irgendein Tor - ist sie mit Gewissheit nicht.

Die große Frage ist jetzt nur: Was sonst am Wahltag tun? Das einzige, was nicht in Frage kommt, ist daheim bleiben - wäre das doch die beste Wahlhilfe für das System Häupl.

zur Übersicht

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)

Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung