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Eine Strategie ist mehr als zwei Strategien

Die Lage in der Volkspartei wird amüsant. Fast täglich kann man eine neue Parteiline zum Thema Eberau lesen - offenbar abhängig davon, wer jeweils als letzter mit dem Parteichef geredet hatte.

Zuerst stand Josef Pröll ganz hinter der Innenministerin, die am (wahrscheinlich) gültigen Baubescheid für das geplante Asylanten-Aufnahmezentrum festhalten will, auch wenn die Volksbefragung in Eberau ungünstig ausfällt. Damit hatte die Volkspartei aber ihrer ohnedies schwächelnden Landesgruppe im Burgenland einen Tort angetan, die in Kürze vor Wahlen steht.

Darauf stellte sich der Landesparteiobmann Franz Steindl gegen die Bundespartei und schloss sich den anderen burgenländischen Parteien im Kampf gegen den Bau des unpopulären Zentrums an. Und jammerte offenbar so lang bei Pröll, bis dieser umschwenkte und erklärte: "Das heißt, dass wir die Meinung der Bevölkerung von Eberau, die am 21. Februar zur Volksbefragung gerufen ist, auch respektieren werden." Damit hat die Volkspartei wiederum ihren beiden größten Landesgruppen einen Tort angetan, nämlich jener in Niederösterreich und jener in Oberösterreich. Denn dort stehen die einzigen Aufnahmezentren Österreichs.

Der Schwenk Prölls war aber offenbar nicht mit der Innenministerin Maria Fekter abgesprochen - bis vor den Eberau-Kalamitäten immerhin der beste Trumpf der ÖVP. Sie ignoriert den Kurswechsel des Parteiobmanns und will auch im Fall eines negativen Referendums in Eberau die Causa rechtlich ausfechten.

Der Schwenk Prölls war aber nicht einmal mit seinem eigenen Generalsekretär Fritz Kaltenegger koordiniert. Denn der diktierte dem inzwischen erschienenen parteieigenen Gratisblatt "austriaplus" noch ein Lob für Fekters "Verlässlichkeit" ins Blatt sowie den Satz: "Politiker sind gewählt, um zu entscheiden, und nicht, um notwendige Entscheidungen durch Volksbefragungen auf die Bevölkerung abzuschieben." Und keinesfalls dürfen beim Asyl-Zentrum wahltaktische Erwägungen eine Rolle spielen.

Hat Kaltenegger da etwa gar an seinen eigenen Parteichef gedacht?

Die Situation ist für den Beobachter witzig, für die Beteiligten weniger: Denn jetzt stehen alle als Verlierer da. Prölls Macher-Image bröckelt weiter.  Fekter wie Steindl müssen sogar bangen: Denn zumindest einer der beiden wird das Jahresende sicher nicht mehr in der gegenwärtigen Funktion  erleben. Und die ÖVP-Strategen müssen zumindest noch die politische Arithmetik lernen: In dieser sind zwei Strategien weniger als eine einzige.

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