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Hahn: Die Ohrfeige für Pröll

Eine schwere Niederlage der ÖVP: Nichts anderes ist die Nominierung von Johannes Hahn zum EU-Kommissar. Und das liegt nicht an der Person des Wissenschaftsministers, sondern an der Art seiner Bestellung.

Hahn wird durch seine ruhige, Kontroversen scheuende, intelligente Art Österreich sicher keine Schande einlegen. Ob er so wie Franz Fischler zu einem kantigen Eckpfeiler des obersten europäischen Administrationsgremiums werden kann, ist freilich eher zweifelhaft. Vor allem ist zu befürchten, dass sein Ressort wohl nicht eines der bedeutendsten sein wird. Dazu hat die österreichische Bestellungs-Groteske dem Land schon zu viele Sympathien gekostet.

Die Niederlage der ÖVP besteht aber auf ganz anderer Ebene: Es ist zum ersten Mal, dass eine Koalitionspartei der anderen das Recht zur Nominierung der Person für eine bestimmte Funktion streitig gemacht hat, nachdem schon festgestanden ist, welche Partei die Nominierung vornehmen soll. Selbst als Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 einen der von der FPÖ nominierten Minister wenig geschätzt hat, konnte er diesen nur über den Umweg eines Vetos des Bundespräsidenten verhindern, wie er in seinen Memoiren  sagt.

Umgekehrt hatte die ÖVP diskussionslos der SPÖ-Nominierung von Maria Berger für den EU-Gerichtshof zugestimmt, eine Position, die zwar weniger im Scheinwerferlicht steht, aber wohl mächtiger ist als ein Kommissar. Dabei ist Berger nicht nur ideologisch sehr weit links, sie hat auch keinen einzigen Tag als Richterin gearbeitet, bevor sie in das wichtigste Gericht Europas berufen wurde. Das sind wohl gewichtigere Vorbehalte gegen Berger als jene, die von der SPÖ gegen Wilhelm Molterer (in täglich wechselnder Formulierung) vorgebracht worden sind, um ihn schließlich ganz zu verhindern.

Wird Josef Pröll nun als Blamierter zur Tagesordnung übergehen, so als ob nichts gewesen wäre? Oder wird es Revanchfouls geben, etwa wenn nun ein bisher von der SPÖ bestellter Verfassungsrichter nachzubesetzen ist? Oder hat Pröll für seine Demütigung wenigstens gewichtige andere Zugeständnisse erreicht?

Die ÖVP hat nun zusätzlich das Problem, nun rasch einen Spitzenkandidaten für die Wiener  Wahl - spätestens - in einem Jahr zu finden. Hier steht die bürgerliche Partei freilich ohnedies vor einem Scherbenhaufen. Hat doch Hahn - obwohl seine Partei in Wien zuletzt die zweitstärkste war - das Rennen um den Bürgermeister vorzeitig aufgegeben, hat er doch körpersprachlich ständig gezeigt, wie viel spannender er seinen Ministerposten im Vergleich zur Kommunalpolitik sieht, und hat er doch in der Wiener Volkspartei nur sehr schwache Platzhalter platziert.

Und das in einem Rennen, in dem die SPÖ praktisch alle Wiener Medien kontrolliert oder finanziert oder sonstwie zum Schweigen gebracht hat. In dem die SPÖ auf allen Ebenen eine unglaublich große Propagandamaschinerie angeworfen hat. Dennoch wäre das Rathaus sturmreif. Liegt doch Michael Häupl bei Meinungsumfragen auch persönlich schlecht im Rennen, vertrauen ihm doch nur noch 38 Prozent der befragten Wiener, während die Herren Sausgruber, Pühringer und Erwin Pröll, aber auch Gabi Burgstaller in ihrem jeweiligen Bundesland viel besser bewertet werden.

Wenn die Wiener Volkspartei nicht sehr rasch eine sehr interessante und kampfeslustige Alternative bietet, dann wird es am Wahlabend eine bittere Enttäuschung geben: H.C.Strache wird auch von solchen Bürgerlichen gewählt worden sein, die ihm nicht einmal öffentlich die Hand geben würden; und er wird einen Dreier vor dem Prozentsatz seines Wahlergebnisses haben. Denn Strache hat zwar (auch) kein nennenswertes Programm, aber in einer längst für den Machtwechsel reifen Stadt das Allerwichtigste: den absoluten Willen zum Sieg!

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